Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 15 46 Uhr, 23.01.2005

Antwort auf NPD-Provokationen gesucht - Politiker debattieren erneut über Parteiverbot - Fischer: Alle Möglichkeiten ausschöpfen

--Von Alessandro Peduto--
 
Dresden (ddp-lsc). Nach dem NPD-Eklat im sächsischen Landtag wollen die demokratischen Parteien weitere Provokationen durch Rechtsextreme in den Parlamenten verhindern und bringen ein Parteienverbot erneut ins Gespräch. Nach Einschätzung von

PDS-Landtagsfraktionschef Peter Porsch gibt es auf Grund der jüngsten NPD-Äußerungen im Parlament eine erhöhte Chance auf Durchsetzung eines Parteienverbots. Es handle sich dabei um «Material von einer neuen Qualität». Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sagte, der NPD-Auftritt müsse Konsequenzen haben. Ohne ein Parteienverbot anzusprechen, fügte er hinzu: «Es müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, eine Wiederholung solcher volksverhetzender Auftritte zu verhindern.» Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) mahnte eine sorgfältige Vorbereitung eines möglichen Verbotsantrages an.

Fischer sagte, der jüngste Auftritt der NPD sei eine «Schande für unser Land» und ein «Angriff auf unsere Demokratie». Hetzer, Neonazis und Rechtsradikale dürften kein parlamentarisches Podium zur Verbreitung ihrer perfiden Ansichten bekommen. Dort müssten alle Demokraten zusammenstehen.

NPD-Abgeordnete hatten in einer Debatte im sächsischen Landtag am Freitag unter anderem von einem «Bomben-Holocaust» der Alliierten auf Dresden gesprochen. Zudem verweigerte die NPD-Fraktion die Teilnahme an einer Schweigeminute zum Gedenken der Opfer der Nationalsozialismus.

Porsch sagte, die NPD-Äußerungen seien «ganz klar verfassungsfeindlich». Daher sei die Überlegung, die Partei zu verbieten, «nicht abwegig». Allerdings ist nach seinen Worten die Wirkung eines solchen Verbots begrenzt. «Man kann politische Probleme nicht juristisch lösen», betonte er.

Milbradt sagte, eine Wiederaufnahme des NPD-Verbotsverfahrens müsse sorgfältig vorbereitet werden. Zugleich betonte er: «Aktionismus hilft nicht weiter, sondern nützt im Falle eines erneuten Scheiterns nur der NPD.» Zudem ersetze ein Verbot nicht die notwendige politische Auseinandersetzung mit der rechtsextremen Partei. In einem Interview mit der «Bild am Sonntag» hatte Milbradt die Option eines Verbots nicht ausgeschlossen. «Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Wiederaufnahme des NPD-Verbotsverfahrens», zitierte ihn das Blatt.

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), lehnte ein neues Verbotsverfahren ab. «Man sollte einen neuen Anlauf nur erwägen, wenn er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird», sagte er.

SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss betonte, ein erneutes Scheitern eines Verbotsantrags würde der Demokratie schaden. Prinzipiell sei ein solches Verbot ein starker Eingriff in die Demokratie. Daher könne ein derartiges Vorgehen nur eine von mehreren Möglichkeiten sein, die man zur Bekämpfung der NPD prüfen müsse.

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sagte, mit dem Verhalten der NPD-Abgeordneten werde das Ansehen Deutschlands stark beschädigt. Zugleich bedauerte er, dass das NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe 2003 gescheitert war. Daher müsse man sich jetzt stärker auf die politische Auseinandersetzung mit der Rechtspartei konzentrieren.

Der Vize-Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Christian Ströbele, lehnte ein neues Verfahren ab, da es aus seiner Sicht zu viele Risiken und Propagandamöglichkeiten für die NPD beinhalte. Grünen-Chefin Claudia Roth betonte, es müsse juristisch geprüft werden, ob das Verhalten der NPD den Tatbestand der Volksverhetzung erfülle. Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte bereits am Freitag angekündigt, rechtliche Schritte gegen NPD-Abgeordnete wegen Volksverhetzung prüfen zu wollen.

(Weitere Quellen: Fischer in Mitteilung; Porsch, Milbradt und Weiss auf ddp-Anfrage; Bosbach in «Sächsischer Zeitung» (Montagausgabe), Schily am Samstag in der ARD)
ddp/ape/kfr
231546 Jan 05

Karl Nolle im Webseitentest
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