Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 22.01.2005

Rechts raus

Kommentar von Gerhard Jakob
 
Dass Fraktionen während Debatten unter Protest das Parlament verlassen, gehört zum legitimen Stilmittel unter Demokraten. Eine Art Spiel - spektakulär, aberwirkungslos. Das alte SPD-Schlachtross Herbert Wehner rief einmal der ausziehenden Union im Bonner Bundestag schnarrend hinterher: „Meine Herrn, wer raus geht, muss auch wieder rein kommen." Recht hatte der Mann. Heute muss man sagen: leider.

Gestern verließ die NPD den Plenarsaal im sächsischen Landtag. Doch was die Rechtsradikalen da machten, war etwas ganz anderes als ein Spiel. Das war eine Demonstration erschreckender Ehrlichkeit: Wir ehren die Opfer der Nazis nicht. Wieso auch? In den Augen stramm Rechter sind die vergasten Juden, totgequälten Kommunisten, ermordeten Roma und Sinti eh keine wirklichen Opfer. Für Nazis gibt's vor allem eine Opfergruppe: Deutsche. Dass die Nationalsozialisten den Krieg angezettelt und damit all die grausamen Folgen erst ausgelöst haben, diesen Kausalzusammenhang lassen die Herren Rechten erst gar nicht in ihre Hirnwindungen vordringen.

Aber was empören wir uns? Die NPD hätte sich „entlarvt", beeilen sich nun die Vertreter anderer Parteien zu zetern. Quatsch. Die NPD hat noch nie einen Hehl daraus gemacht, wes Geistes Kind sie ist. Durch Aufgeregtheit unter Demokraten fühlen die Parteigänger der NPD sich ähnlich beeindruckt wie ein Fuchs im gackernden Hühnerstall. Nein, mit Empörung ist diesen Gesellen nicht beizukommen. Im Gegenteil: Die mit ihren Tabubrüchen provozierten Reaktionen sind das größte Kapital der NPD. Die Publicity festigt die Anhängerschaft und lässt sie für die Unzufriedenen der Gesellschaft attraktiv erscheinen.

Im Umgang mit der NPD im Parlament hilft nur: Scharf, aber unaufgeregt beobachten, analysieren und aufklären. Reden lassen, solange sie gegen keine Gesetze verstoßen, Vergehen aber sofort und konsequent verfolgen. Im Übrigen aber einfach rechts liegen lassen. Mit einer Partei, die den Holocaust-Opfern ungeniert die Ehrung verweigert und ihnen damit geradezu den Opferstatus abspricht, gibt es einfach nichts zu besprechen. Auf keinem Gebiet. NPD verlässt das Parlament? Aber bitte: je öfter, desto besser.

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: