Sächsische Zeitung, 25.01.2005
Trennlinie zur Unvernunft
Der NPD und ihren heimlichen Helfern sollen im sächsischen Landtag Grenzen gezeigt werden.
Das Auftreten der NPD-Abgeordneten Holger Apfel und Jürgen Gansel im sächsischen Landtag könnte doch noch Konsequenzen haben – wenn auch keine juristischen. Die Dresdner Parlamentsverwaltung prüft zurzeit, inwieweit sich die beiden Politiker mit einzelnen Äußerungen der Beleidigung oder Volksverhetzung schuldig gemacht haben. In dem Fall wären auch noch nachträglich weitere Ordnungsrufe durch den Landtagspräsidenten möglich, hieß es gestern. Über die Konsequenzen zusätzlicher Ordnungsrufe, die bis zu einem dreimaligen Ausschluss von den Plenarsitzungen reichen, muss das Landtagspräsidium nach Anhörung der Abgeordneten befinden. Eine Entscheidung soll noch in dieser Woche fallen.
Der sächsische Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) hat unterdessen Vorwürfe zurückgewiesen, nicht energisch genug gegen die Skandal-Reden eingeschritten zu sein. So sei er laut Geschäftsordnung dafür verantwortlich, die Ordnung im Parlament aufrechtzuerhalten. Er sei jedoch nicht befugt, in eine politische Debatte wertend einzugreifen, sagte er. Dies könnten nur die Landtagsfraktionen selbst sowie die Staatsregierung tun.
SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss, der von den NPD-Politikern als Vertreter einer deutschen „Umerziehungs- und Canossarepublik“ angegriffen worden war, will auf eine Anzeige verzichten. („Solche Leute können mich nicht beleidigen.“) Weiss kündigte stattdessen für die kommenden Sitzungstage „vier bis fünf ausgeklügelte Strategien“ an, mit denen man den verbalen Ausschreitungen der NPD entgegentreten werde. Andere Abgeordnete schlagen in dem Zusammenhang eine Indexliste mit geschichtsverfälschenden Parolen vor, bei deren Äußerung zwangsläufig ein Ordnungsruf durch den Tagungspräsidenten erfolgt.
Für Wirbel sorgen unterdessen offenbare NPD-Unterstützer im Landtag. Die hatten den zunächst geheimen Plan für eine Schweigeminute zu Gunsten aller NS-Opfer unmittelbar nach Beschluss an die NPD-Fraktion weitergegeben, so dass die mit einem kurzfristigen Änderungsantrag das Projekt fast zum Scheitern gebracht hätte. Bei den Tippgebern, so wird spekuliert, könnte es sich um die gleichen unbekannten Abgeordneten handeln, die zuletzt mehrfach heimlich für NPD-Kandidaten gestimmt haben.
Von Gunnar Saft