Freie Presse Chemnitz, 29.01.2005
CDU in Sachsen streitet über neuen Kurs
Politiker verlangen Trennung von Regierungs- und Parteiamt
Penig/Chemnitz. Als erster Kreisverband Sachsens hat sich die CDU Mittweida gestern Abend in Penig nach heftigen Diskussionen auch formell für die Trennung der Ämter von Ministerpräsident und CDU-Landeschef ausgesprochen. Damit folgten die Delegierten einem entsprechenden Antrag des Kreisvorstandes. „Der Ministerpräsident muss die Koalitionsregierung führen, der Landesvorsitzende muss die Union komplett umkrempeln und sie fit machen für die Wahl", sagte Kreischef Peter Jahr. „Wie kann man sich sonst in einer Person vor die Leute stellen und unsere Positionen glaubwürdig vertreten?"
Dagegen hatte sich zuvor Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer ausgesprochen. „Wir brauchen jetzt Stärke und Stabilität, gerade in einer Koalitionsregierung", sagte er. Das bisherige System habe sich bewährt.
Auch in anderen Städten und Kreisen diskutieren Christdemokraten über den Zustand der Partei. Der Freiberger CDU-Landtagsabgeordnete und einstige Wirtschaftsminister Martin Gillo sagte, wenn der Parteivorsitz und das Ministerpräsidentenamt von verschiedenen Politikern ausgefüllt werden, könne sich die CDU besser profilieren. Ein Ministerpräsident müsse in einer Regierungskoalition zu viel Rücksicht auf den Bündnispartner nehmen. Der Freiberger CDU-Kreischef Christian Rüdiger pflichtete ihm bei: „Wir brauchen an der Spitze eine Person, die frei von Koalitionszwängen Entscheidungen fällt."
Ministerpräsident Georg Milbradt wies diese Forderung als „unpolitisch" zurück. Wolfgang Leonhardt, CDU Kreisvorsitzender in Aue-Schwarzenberg, hält ebenfalls nichts von dem Vorschlag Gillos. „Wir stellen uns voll hinter den Ministerpräsidenten. Eine Trennung der Ämter würde die CDU schwächen." Zurückhaltend äußerte sich Fraktionschef Fritz Hähle. „An Diskussionen auf Nebenkriegsschauplätzen beteilige ich mich nicht."
Nach Auffassung von Roland Wöller, CDU-Vorsitzender im Weißeritzkreis, stehen Personalfragen zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht zur Debatte. Gesprochen werden müsse aber über eine Reihe von Defiziten. Die Partei sei nicht stark genug in den Kommunen verankert. Außerdem forderte Wöller eine langfristige Personalpolitik. „In der Nachwuchsarbeit haben wir eklatante Defizite." Matthias Rößler, Kreisvorsitzender der CDU in Meißen und früherer Minister für Wissenschaft und Kunst, meinte, die Landes-CDU leide seit zehn Jahren an personeller Auszehrung.
von Kerstin Blossey, Johannes Fischer, Hubert Kemper, Christian Meier, Eva Prase