Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung am Sonntag, Seite 1, 30.01.2005

Die NPD-Helfer verstecken sich

Landtag. Niemand will bei einer SZaS-Umfrage unter Abgeordneten zugeben, heimlich Rechtsextreme gewählt zu haben.
 
Die heimlichen NPD-Unterstutzer im sächsischen Landtag wollen sich gegenüber ihren Wählern nicht bekennen. Bei einer Umfrage der Sächsischen Zeitung am Sonntag (SZaS) unter sämtlichen 112 Abgeordneten von CDU, PDS, SPD, FDP und den Grünen gaben 91 Mandatsträger an, sie hätten niemals einem Kandidaten der NPD ihre Stimme gegeben. 13 Abgeordnete verweigerten die Auskunft. Einige reagierten empört und verwiesen auf das Prinzip der geheimen Wahl. Acht Volksvertreter waren drei Tage lang nicht zu sprechen. Mehrere Abgeordnete aus allen Fraktionen begrüßten die Umfrage. Manche äußerten die Hoffnung, dass die anonymen NPD-Helfer durch eine Debatte über den Missbrauch des Wahlgeheimnisses isoliert werden.

Zu den Abgeordneten, die ihr Wahlgeheimnis nicht preisgeben wollten, gehört auch der SPD-Politiker Karl Nolle. „Meine Großeltern und Eltern haben im Widerstand gegen die Nazis gekämpft, und ich halte die Braunen für Verbrecher", sagte er. Gleichwohl wolle er das Prinzip der geheimen Wahl unter keinen Umständen aufgeben.

NPD-Kandidaten hatten bei mehreren Abstimmungen im Landtag mehr Stimmen bekommen, als die rechtsextreme Partei Sitze hat. Bei der Wahl zum Jugendhilfeausschuss im vorigen Dezember erhielt ein Bewerber der NPD sogar 21 Stimmen, obwohl dessen Fraktion nur zwölf Sitze hat.

Der Direktor des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, Gerhard Besier, forderte im Interview mit der SZ am Sonntag eine Auseinandersetzung über den Missbrauch des Wahlgeheimnisses. Der katholische Pfarrer Frank Richter, der im Herbst 1989 Mitbegründer der Dresdner Bürgerrechtsbewegung „Gruppe der 20" war, begrüßte die Umfrage. Richter hatte selbst Abgeordnete angeschrieben und sie um ein Bekenntnis zum Wahlverhalten gebeten. „Das Wahlgeheimnis ist ein hohes Gut der Demokratie", sagte er. „Aber auch das Vertrauen zwischen Wählern und Gewählten ist ein solches Gut. Dieses Vertrauen ist durch die heimlichen NPD-Helfer verloren gegangen."

Deshalb sei es gerechtfertigt, wenn die Bürger ihre Abgeordneten um eine Stellungnahme bitten. „Dass manche reagieren, als sei es Majestätsbeleidigung, ist eine Verkehrung der demokratischen Verhältnisse", sagte Richter. „Der Souverän ist der Wähler." Gleichwohl dürfe niemand verdächtigt werden, der auf seinem Wahlgeheimnis beharrt. (SZ)

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: