Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 01.02.2005

CDU-Chef allein im Amt

 
Personaldebatte. Die sächsische Union tut sich schwer mit Rückhalt für ihren Parteivorsitzenden.

Das Ziel des Vorstoßes ist klar und eindeutig: Teile der sächsischen CDU-Basis wollen das Amt des Parteichefs und das des Ministerpräsidenten künftig getrennt besetzt sehen. Eine rüde Attacke gegen Georg Milbradt, der beide Ämter inne hat und nun um seine Machtfülle zittern muss, bis ein CDU-Sonderparteitag im Frühjahr über den Antrag des Kreisverbandes Mittweida abstimmt.

Der Ausgang der Kraftprobe ist völlig ungewiss, denn sowohl Angreifer als Verteidiger schwächeln mächtig. So hat sich mit dem Kreisverband Freiberg, angeführt von Ex-Wirtschaftsminister Martin Gillo, bislang nur eine einzige wichtige Parteigliederung hinter die Idee gestellt, die zu Recht als Misstrauensvotum gegenüber dem CDU-Wahlverlierer Milbradt gilt. Ein anderes ehemaliges Kabinettsmitglied, dem ständig landespolitische Ambitionen nachgesagt werden, zog dagegen gestern nur halbherzig nach. Der Meißner CDU-Kreischef Matthias Rößler legte ein Thesenpapier zur Erneuerung der Sächsischen Union vor, das Milbradt zwar kritisiert und für eine „personelle Auszehrung“, einen „konzeptionellen Substanzverlust“ und nicht zuletzt für den „Niedergang der Landespartei“ verantwortlich macht. Der offene Ruf nach Konsequenzen blieb in dem Fall jedoch bisher aus.

Dabei kann das aktuelle Schweigen im Landesverband auch als Zustimmung zu der Kritik gesehen werden. Außer der Jungen Union und Milbradts designierten Generalsekretär Michael Kretschmer hat sich bisher jedenfalls keinerlei Parteiprominenz freiwillig vor den öffentlich attackierten CDU-Chef und Ministerpräsidenten gestellt. Schützenhilfe gibt es meist nur auf Nachfrage und dann auch nicht von christdemokratischen Ministern oder dem Fraktionschef.

Basis soll gehört werden

Dabei sorgt der Antrag aus Mittweida durchaus auch für Empörung. Es sei „tödlich“, vor der Diskussion um Inhalte einen Streit ums Personal anzuzetteln, ärgert sich die Dresdner CDU-Kreisvorsitzende Friederike de Haas. „Mit der öffentlichen Debatte um Georg Milbradt und den Landesvorsitz muss sofort Schluss gemacht werden“, fordert sie die Kritiker zum Rückzug auf.

Skeptisch ist auch der Görlitzer CDU-Kreischef Volker Bandmann. „Nicht hilfreich, nicht zweckmäßig. Ein tolldreistes Stück mitten in der Karnevalszeit“, entfährt es ihm. Ähnlich sieht das sein Kollege Wolfgang Leonhardt aus Aue-Schwarzenberg. Die Ämtertrennung würde die CDU nur schwächen.

Auf Regionalkonferenzen in Wurzen, Bischofswerda und Burkhardtsdorf will die nervöse CDU-Spitze die Debatte nun noch vor dem Sonderparteitag in den Griff bekommen. Das dürfte nicht einfach werden, seitdem klar ist, dass der Stimmungswechsel nicht nur Milbradt, sondern auch einigen seiner Getreuen gilt. So wird in der CDU aufmerksam registriert, dass der frühere Generalsekretär Hermann Winkler und die einst allmächtige Kamenzer Kreisvorsitzende Andrea Fischer die Diskussion tatenlos verfolgen. Einzelne parteiinterne Kritiker frohlocken bereits vorlaut: „Es bröckelt am Hof.“
Von Gunnar Saft

Karl Nolle im Webseitentest
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