Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, online, 13.02.2005

Schwieriges Gedenken an die Bombennacht

Roßberg warnt vor Legendenbildung / Kanzler gegen Aufrechnung / Mehrere Demonstrationen
 
Trotz eines geplanten NPD-Aufmarsches und linker Gegenaktionen soll von den Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg am Sonntag eine Botschaft des Friedens und der Versöhnung ausgehen.

Dresden - Friedensinitiativen, Politiker und Organisationen riefen dazu auf, gegen den politischen Missbrauch des Gedenkens durch die Rechtsextremisten zu protestieren. Dresden war knapp drei Monate vor Kriegsende bei Luftangriffen britischer und amerikanischer Bomber am 13. und 14. Februar 1945 schwer zerstört worden, schätzungsweise 35.000 Menschen starben.

Roßberg warnt vor Legendenbildung

Dresdens Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) hatte sich zuvor in den „Stuttgarter Nachrichten“ gegen jede Legendenbildung und die Formel von der „unschuldigen Stadt“ verwahrt. Dresden sei damals das größte noch existierende Zentrum der deutschen Rüstungsindustrie gewesen, sagte er.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) appellierte an die Deutschen, die Opfer des Krieges und der Nazi-Herrschaft nicht gegeneinander aufzurechnen. Mit Blick auf die angekündigten NPD-Kundgebungen zum 60. Jahrestag der Bombenangriffe auf Dresden sagte der Kanzler der „Welt am Sonntag“, er werde Versuchen, die Geschichte umzudeuten, mit allen Mitteln entgegentreten.

Überlebende des Holocaust und der Dresdner Bombennacht warnten bei einem Treffen in der Elbestadt am Samstag „vor der Gleichgültigkeit einer schweigenden Mehrheit“. „Das Gefährliche ist nicht die schreiende Minderheit der Neonazis, sondern die schweigende Mehrheit, die gleichgültig ist“, sagte die Prager Jüdin Michaela Vidlakova. Die Teilnehmer eines Internationalen Kolloquiums riefen zur selbstkritischen Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und der Bombardierung Dresdens auf.

Linker Gedenkmarsch gegen Aufzug Rechter

Rund 300 Vertreter linker Gruppierungen begannen am Nachmittag einen Gedenkmarsch für die Kriegsopfer auf Seiten der Anti-Hitler-Koalition. Er ist als Gegendemonstration zum Aufmarsch Rechtsextremer gedacht. Unter dem Titel „No Tears for Krauts“ (Keine Tränen für Deutsche) wollen die Linken gegen „Geschichtsverfälschung“ und „Opfermythos“ vorgehen. Die Polizei hatte am Vortag angekündigt, konsequent und unnachgiebig gegen Gewaltaktionen vorzugehen. Ein Zusammentreffen von Linken und Rechtsextremen soll auf jeden Fall verhindert werden. Insgesamt werden bis zu 90.000 Menschen zu den verschiedenen Veranstaltungen erwartet.

Initiativen riefen die Dresdner dazu auf, als Zeichen des Protestes gegen Rechts eine weiße Rose zu tragen. Zudem soll am Abend mit 10.000 Lichtern eine große brennende Kerze als Signal des Friedens vor der Semperoper entstehen. Als Symbol der Versöhnung soll die auch mit Geld aus den USA und Großbritannien wiederaufgebaute Frauenkirche am späten Abend für drei Stunden zugänglich sein. Diese „Nacht der Stille“ soll ein Zeichen gegen Krieg, Rassismus und Gewalt setzten.

In den friedlichen Protest der Aktion „GEHDenken“ gegen die NPD-Demonstration wollen sich Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Aufbau-Ost-Minister Manfred Stolpe (SPD), die Grünen-Fraktionschefinnen Katrin Göring-Eckardt und Krista Sager und der frühere PDS-Bundesvorsitzende Gregor Gysi einreihen. Zu offiziellen Gedenkfeiern der Stadt werden unter anderen der britische Botschafter Sir Peter James Torry, der USA-Botschafter Daniel R. Coats und Frankreichs Botschafter Claude Pierre Marcel Martin erwartet. (dpa)

Karl Nolle im Webseitentest
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