Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, Seite 2, 28.02.2005

Finanziert vom Steuerzahler

Noch stehen Landesbanken unter staatlichem Schutz, bald müssen sie sich dem Wettbewerb stellen
 
Wer nach Beispielen suchte, dass marktwirtschaftliche Grundsätze bisweilen auf der Strecke bleiben, wenn Landesbanken und Politik Hand in Hand arbeiten, zeigte lange Zeit vor allem auf die WestLB. Unter der Regie seines im vergangenen Jahr verstorbenen Vorstandsvorsitzenden Friedel Neuber galt das Düsseldorfer Geldhaus viele Jahre als Scharnier zwischen Regierung und Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Es gab eine Zeit, da reichten ein paar Telefonate zwischen Staatskanzlei, Finanzministerium und WestLB, um an Rhein und Ruhr die Übernahme von Unternehmen einzufädeln. Die Grenzen waren zeitweise so fließend, dass die Bank den Mitgliedern der Landesregierung mit ihren Charter-Jets eine Art Privat-Fluglinie zur Verfügung stellte.

Als die WestLB in den neunziger Jahren dann auch noch landeseigenes Wohnungsbauvermögen übernahm, ohne dafür einen marktgerechten Zins zu zahlen, klagten die privaten Banken vor der Brüsseler EU-Kommission. Die Klage galt nicht nur der WestLB, sondern auch anderen Landesbanken, die dem Beispiel des Branchenführers aus Düsseldorf gefolgt waren und sich ähnlich preiswert mit zusätzlichem Eigenkapital versorgt hatten. Nach langem Gezerre hatte die Klage 2004 endlich Erfolg. Die Landesbanken mussten die unrechtmäßig erhaltenen Beihilfen zurückzahlen.

Sehr viel schmerzlicher trifft die öffentlich-rechtlichen Geldinstitute jedoch ein anderer erfolgreicher Vorstoß der privaten Konkurrenz in Brüssel: Die Mitbewerber haben erreicht, dass die staatlichen Garantien für die Landesbanken im Juli 2005 fallen. Zum einen geht es dabei um die Gewährträgerhaftung. Sie verlangt von den staatlichen Eigentümern, im Krisenfall für die Schulden der Bank einzustehen. Zum anderen spielt die so genannte Anstaltslast eine Rolle. Darunter versteht man die Pflicht der Eigentümer, die Bank mit genügend Kapital auszustatten. Aufgrund dieser staatlichen Garantien vergeben Ratingagenturen wie Standard & Poor's oder Moody's Bestnoten für die Bonität der Landesbanken. Entsprechend preiswert können sich die öffentlich-rechtlichen Spitzeninstitute auf dem Kapitalmarkt Geld beschaffen. Wie wenig diese Vorzugskonditionen aber durch die Ertragskraft der Landesbanken gerechtfertigt sind, zeigte sich erstmals im November 2003. Damals benotete Standard & Poor's, wie es um die Bonität der Institute ohne staatliche Rückendeckung bestellt wäre. Danach müssten große Häuser wie die BayernLB oder die WestLB um bis zu sieben Ratingklassen zurückgestuft werden. Entsprechend müsste die durchschnittliche Zinslast der Banken um bis zu einem Prozentpunkt steigen. Das entspricht einem Milliarden-Betrag.

Weil die Landesbanken unter diesen Vorzeichen nicht wettbewerbsfähig sind, arbeiten sie fieberhaft an neuen Geschäftsmodellen. Gemeinsam ist den meisten Konzepten eine engere Anbindung an ihre Basis, die Sparkassen. Vorbei die Zeiten, in denen mancher Landesbank-Vorstand verächtlich auf die "Spardosen" verwies, wenn es darum ging, Geschäfte mit Mittelständlern in der Region abzuwickeln. Auch schauen die Manager in öffentlich-rechtlichen Spitzeninstituten heute weniger oft nach London, wo noch vor einigen Jahren vermeintlich große Gewinne im Investmentbanking lockten. Denn wohin es führen kann, wenn man ein "großes Rad" drehen möchte, hat die WestLB erfahren. Innerhalb von zwei Jahren schmolz das Eigenkapital um mehr als vier Milliarden Euro. Heute müht sich ein neuer Vorstand unter Führung des früheren Deutsche-Bank-Vorstands Thomas Fischer, die Scherben zusammenzukehren und ein solides Fundament für die inzwischen geteilte Bank zu erarbeiten. Ein stärkerer Verbund mit den Sparkassen kann dabei aber nur einer von mehreren Bausteinen sein.
Von Stefan Weber

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