Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 01.03.2005

Machtkampf in Sachsens Landesbank

Geschäfte der Immobilientochter bringen Vorstandsmitglieder zu Fall und Regierungschef Milbradt in Erklärungsnot
 
Ende vergangener Woche triumphierte die PDS im Dresdner Landtag. "Georg Milbradt hatte offenkundig gehofft, die Vorwürfe und Probleme um die Sachsen LB und deren Tochterfirmen aussitzen zu können. Er hat sich geirrt", freute sich der Landtagsabgeordnete André Hahn über das lange Leiden des CDU-Ministerpräsidenten.

Es war eine Menge geschehen in der Sächsischen Landesbank. Die Staatsanwaltschaft hatte das Leipziger Geldhaus durchsucht. Die beiden Vorstandsmitglieder Michael Weiss und Rainer Fuchs waren, angeblich auf Milbradts Drängen, einen Tag nach dem Besuch der Ermittler zurückgetreten. Was damit vorläufig endete, war eine trübe Geschichte um möglicherweise gefälschte Urkunden, merkwürdige Immobiliengeschäfte, Intrigen, Liebe, Günstlingswirtschaft und teure Dienstwagen.

Der Krach in dem Geldhaus hatte begonnen, als vor zwei Jahren die junge Bankerin Andrea Braun von der Landesbank zur MDL wechselte, der Mitteldeutschen Leasing, einer Tochter der Bank und des Unternehmens Industrie und Immobilienleasing (IIL) des Tutzinger Geschäftsmanns Ludwig Hausbacher. MDL sollte sich im prosperierenden Leasing-Geschäft tummeln, hoffte Georg Milbradt, der als Finanzminister ein solches Projekt immer unterstützt hatte. Doch Schlagzeilen machten dann vor allem Immobilienpleiten.

Dienstwagen fürs Segelboot

Im neuen Unternehmen brach ein Streit darüber aus, wie viel MDL überhaupt wert sei. Der Krach fand schnell seinen Weg in die Zeitungsspalten, wo schon vor einem Jahr zu lesen war, dass Braun die Freundin des Sachsen LB-Vorstandschefs Weiss sei. Außerdem wurden Vorwürfe laut, Ex-Angestellte seien durch die Sachsen LB bespitzelt worden. Und überhaupt sei das Betriebsklima furchtbar.
Was nicht fehlen durfte: Es gelangten sehr detaillierte Angaben über den von der MDL geleasten Dienstwagen für Weiss, einen sündhaft teuren Mercedes nebst Anhängerkupplung zum Transport des Segelbootes, an die Öffentlichkeit.

Neben all diesen "Peanuts", die an die Medien lanciert wurden, ging es bei dem Krach aber um viel mehr. Zwischen der Landesbank und dem Unternehmer Ludwig Hausbacher war ein millionenschwerer Streit über den Wert der MDL ausgebrochen. Die Landesbank hatte Hausbacher, dessen Firma ILL 49 Prozent an MDL hielt, als MDL-Chef abgelöst und durch Braun ersetzt. Und die stellte wegen angeblich hoher Verluste das MDL-Neugeschäft ein, was zu einem Wertverlust der Leasingfirma führte. Im Januar begann die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung bei MDL.

Es gab Gutachten, es gab Zivilklagen. Hausbacher will 140 Millionen Euro Entschädigung, die Sachsen LB konterte stets, dies sei eine "Luftnummer." Es ging hin und her, die Kombattanten schenkten sich nichts. Möglicherweise spielt sogar die alte Rivalität zwischen Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und Nachfolger Georg Milbradt eine Rolle. Milbradt war 2001 von Biedenkopf unter übelsten Beschimpfungen als Finanzminister entlassen worden, hatte sich dann an die Spitze einer CDU-Revolte gegen den alten und durch Affären beschädigten "König Kurt" gestellt und ihn aus dem Amt gedrängt. Ausgerechnet Andreas Waldow, ein Schwiegersohn Biedenkopfs, fungiert als Pressesprecher von Hausbachers Unternehmen. Es gehe um mehr als Geld, heißt es in Regierungskreisen. Da würden weiter alte Kämpfe ausgefochten.

Vor dem Dresdner Oberlandesgericht kassierte die Landesbank kürzlich eine schwere Niederlage. Die Richter äußerten den Verdacht, es könnten Urkunden gefälscht worden sein, woraufhin Staatsanwälte die Bank durchsuchten. Tatsächlich war ein Papier aufgetaucht, dass möglicherweise rückdatiert worden war.

Sachsens Finanzminister Horst Metz hat für heute alle Anteilseigner der Sachsen LB zur Versammlung einbestellt. Dort soll festgelegt werden, wie man nach den Rücktritten von Weiss und Fuchs weitermachen will. Am 9. März will Milbradt eine Regierungserklärung zum dem Fall abgeben.
von Bernhard Honnigfort

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