Freie Presse Chemnitz, 11.05.2005
„Ausgetrickst von einem Trio Infernale"
Bei der Aufarbeitung der SachsenLB-Affäre droht den politischen Kontrolleuren reichlich Ärger
Dresden. Im Kampf um eine Sicherung ihrer finanziellen Zukunft wird die SachsenLB durch eine Beteiligung der Düsseldorfer WestLB möglicherweise den Rettungsanker werfen können. Belastet wird die Neuorientierung allerdings durch die Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit. In der kommenden Plenarwoche des Landtages konstituiert sich der auf Antrag der PDS Fraktion eingesetzte Untersuchungsausschuss, dessen Vorsitz pikanterweise der CDU zusteht.
Im Mittelpunkt der parlamentarischen Durchleuchtung der Affären-belasteten Ära des Ex-Vorstandschefs Michael Weiss, seiner Lebensgefährtin Andrea Braun und des ebenfalls abberufenen Vorstandsmitglieds Rainer Fuchs steht die Frage, ob die politischen Kontrollgremien ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt haben.
Brisanz lange verborgen
Zahlreiche Dokumente, die der „Freien Presse" vorliegen, verraten den Zündstoff des Verfahrens. Sie zeigen, dass es Weiss lange gelungen war, Finanzminister Horst Metz (CDU) über die Brisanz der schweren Vorwürfe der Urkundenfälschung in seinem Haus hinwegzutäuschen. Sie belegen, dass Weiss bereits am 26. Januar vom Chefsyndikus der Bank über den starken Verdacht einer Manipulation informiert worden war. Und sie dokumentieren, dass die Staatsregierung erst am 9. März mit White & Case ein Anwaltsbüro mit einer unabhängigen Prüfung der dubiosen Vorgänge beauftragt hatte -an jenem Tag, an dem Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU9 in einer Regierungserklärung im Landtag einen öffentlichen Erklärungsversuch unternommen hatte.
Wie lange Weiss versuchte, die Rückdatierung eines aktienrechtlich verpflichtenden Dokuments zu leugnen, zeigt das Protokoll einer Sitzung des Präsidialausschusses der SachsenLB vom 21. Januar 2004. „Sämtliche Vorwürfe, sowohl die des Prozessbetruges beziehungsweise der Urkundenfälschung als auch die der angeblichen Rückdatierung von Schreiben, würden von ihm als unhaltbar zurückgewiesen", heißt es darin. Auch sein Vorstandskollege Fuchs wies die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück, das gleiche gilt für den Leiter des Vorstandsstabes, Christian Spieker.
Fünf Tage nach der Präsidialausschuss-Sitzung informierte Jörg Wille, Bereichsleiter Recht der SachsenLB, seinen Chef über den Verdacht der Urkundenfälschung. Weiss habe den Vermerk als „keinen unmittelbaren Beweis für eine unmittelbare Manipulation, jedoch als starkes Indiz im Hinblick auf eine Rückdatierung" gewertet. Weiss wollte den Vermerk an Fuchs weiterleiten, also jenes Vorstandsmitglied, das im Verdacht steht, die Besitzanzeige mit falschem Datum unterschrieben zu haben. Den Bericht über den Prüfauftrag überreichte Revisionschef Wille an Weiss am 28. Februar, drei Tage, nachdem Weiss bereits der Stuhl vor die Tür gesetzt worden war.
„Weiterbezahlung unerträglich"
„Ausgetrickst" worden seien die politisch und für die Rechtsaufsicht Verantwortlichen von einem „Trio Infernale", lautet die Bewertung des SPD-Abgeordneten
Karl Nolle. „So viel tiefe Verbundenheit hatten Weiss, Fuchs und Braun erzeugt, dass man zwei Monate brauchte, um sich vom vorhandenen Sachstand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sowie über Erkenntnisse von Rechtsabteilung und Revision zu informieren."
Unerträglich sei auch die Weiterbezahlung der SachsenLB-Manager. „Die für die kriminellen Methoden Verantwortlichen verzehren immer noch ihre hohen Vorstandsgehälter und fahren mit fetten Dienstwagen", stichelt Nolle, der Informationen haben will, dass im Privathaus Weiss, Fuchs und Braun nach wie vor „ein buntes Kommen und Gehen alter Seilschaften leitender Mitarbeiter der SachsenLB stattfinden soll. „Auf solchen Partys", so Nolle, „sollen auch begnadete Ex-Landesbanker über die hohe Kunst der Desinformation und lustiges Politiker-Einseifen philosophieren."
von Hubert Kemper