DIE WELT, 13.05.2005
Milbradt von Biedenkopf "menschlich enttäuscht"
Regierungschef wirft Vorgänger Indiskretion vor
Dresden - Die PDS will Alt-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und den Manager Jürgen M. Geißinger möglichst schnell als Zeugen vor den Landesbanken-Untersuchungsausschuß des sächsischen Landtages laden. Beide hatten Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) frühzeitig auf Mißstände in der Bank aufmerksam gemacht.
Ihre als "persönlich/vertraulich" deklarierten Schreiben, die ignoriert wurden, sind der Presse zugespielt worden. Für diese Indiskretion machte Milbradt am Donnerstag seinen Vorgänger im Amt verantwortlich. Er sei von Biedenkopf "menschlich enttäuscht", ließ er mitteilen, ohne sich zu den Vorwürfen selbst zu äußern.
Auf Tauchstation gegangen ist auch sein Finanzminister Horst Metz (CDU). Der Verwaltungsratschef der Bank sah sich außerstande, ihm bereits seit Mittwoch früh vorliegende Fragen dieser Zeitung zu Versäumnissen bei der politischen Aufsicht zu beantworten. Ebenfalls am Mittwoch blieb der Minister im Finanz- und Haushaltsauschuß etliche Antworten zu Versäumnissen bei der Rechtsaufsicht schuldig. "Er hat eine unglückliche Figur abgegeben", räumen selbst Parteifreunde ein.
Die seit Monaten schwelende Landesbank-Affäre führte Ende im Februar zur Ablösung der Führungsspitze, nachdem die Staatsanwaltschaft bei einer Hausdurchsuchung gefälschte Dokumente beschlagnahmt hatte.
Daß der Biedenkopf-Brief gezielt an die Öffentlichkeit gelangt sei, "beweist erneut das vergiftete Klima in der CDU", kommentierte Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau.
von Uwe Müller