Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 14.05.2005

Wüste Träume: Das politische Unterbewusstsein von Georg M.

Samstagskolummne von Christoph Ulrich
 
Was bisher geschah:
- Kurt Biedenkopf schreibt Brief mit politischer Sprengkraft
- Karl Nolle (SPD) hat immer noch keinen Posten in der Regierung
- Ministerpräsident Georg Milbradt ist menschlich tief enttäuscht


Nacht für Nacht passiert es wieder. Der Vorhang fällt, die Vorstellung beginnt. Mal sind es flüchtige Sequenzen, mal opulente Gefühlsdramen: Träume. Die moderne Neuropsychologie geht davon aus, dass Trauminhalte das widerspiegeln, was man tagsüber macht. Und zwar nicht nur das tatsächliche Erleben, sondern auch die Gedanken und Fantasien. Wer sich tagsüber mit Politik beschäftigt, träumt nachts auch von Politik.

Das wurde jetzt durch ein Traumtagebuch von Georg M. offenbar, das durch eine in Sachsen übliche Indiskretion in die Hände von Journalisten gelangte. Der ranghohe Politiker träumt seit Jahren Wüstenträume. Der Psychologe Sigmund F. hätte das damit erklärt, dass Georg M. den Spruch von den blühenden Landschaften im Osten seines Parteikollegen Helmut K. als unerfüllte Vision im zuständigen Hirnareal abgespeichert hat. Wir machen uns diese veraltete Ansicht nicht zu Eigen,weil wir die Politik in Sachsen zu gut kennen. Lassen wir die Träume für sich sprechen.

Georg M. hatte sich rechtzeitig vor der Jahrhundertflut Gummistiefel gekauft, weil er zuvor träumte: Einsam durchstreifte er die arabische Wüste Rub-al Khali. 780.000 Quadratkilometer Sand.

Nachts baute er sein Zelt auf, als ein Beduine auf seinem Kamel heranpreschte. Der Beduine sagte: "In der Wüste sind schon mehr Menschen ertrunken als verdurstet." Ein Stunde später wurde Georg M. mit seinem Zelt von einer Sintflut hinweggespült. Er hat das nächtliche Heimkino positiv verarbeitet und sich in der Flut als Krisenmanager präsentieren können.

Eine Beduinen-Weisheit hilft Georg M. auch heute noch im von Misstrauen geprägten politischen Alltag. Er träumte: In trauter Runde sitzt Georg M. mit politischen Freunden in einem Beduinenzelt. Sie rauchen friedlich Wasserpfeife. Da tritt ein Beduine ins Zelt, der seinem Vorgänger Kurt B. ähnelt. Er sagt: „Wer Dornen sät, darf sein Zelt nicht barfuß verlassen."

Die politische Konsequenz aus folgendem Traum hat Georg M. noch nicht gezogen: Er reitet mit einem wohlbeleibten Beduinen durch ein Wadi. Der dicke Beduine wittert hinter jedem Stein einen Skandal. Abends bauen sie ein großes Zelt auf. Der Beduine nimmt sein Kamel mit ins Zelt. Georg M. protestiert, aber der Beduine sagt: „Der kluge Beduine nimmt das Kamel mit ins Zelt, weil es besser ist, es pinkelt von hier drinnen nach draußen, als dass es von draußen
ins Zelt herein pinkelt."

Bei den Koalitionsverhandlungen hat Georg M. diese arabische Weisheit nicht beachtet. Seitdem taumelt seine Partei von einer Affäre zur nächsten. Georg M. grübelt deshalb über einen Spruch, den Ingrid B. zum Besten gegeben haben soll: "Es genügt das Fehlen eines Sternes, damit die Karawane die Richtung verliert."

Karl Nolle im Webseitentest
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