Karl Nolle, MdL

taz - die tageszeitung, 21.05.2005

Immer Aerger mit Exkoenig Kurt

Der ehemalige Ministerpraesident Kurt Biedenkopf (CDU) hat mit der Krise der Saechsischen Landesbank eine Gelegenheit gefunden, seinem Nachfolger Georg Milbradt eins auszuwischen. Heimliche Briefe gelangen ploetzlich an die Oeffentlichkeit
 
AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH: "Wenn es Intrigen gibt, gehe ich!" Dieser Satz von Kurt Biedenkopf ist zwar nicht so beruehmt geworden wie jener ueber seinen damaligen Finanzminister Georg Milbradt, den er zwar fuer einen hervorragenden Fachmann, aber fuer einen "miserablen Politiker" hielt. Dafuer hat ihn Biedenkopf in seiner Zeit als saechsischer CDU-Ministerpraesident haeufiger ausgesprochen, vor allem im Jahr seines Abstiegs, 2001. Nun hat der Spruch eine neue Bedeutung bekommen. Pfingsten wurde ein an die Presse lancierter persoenlicher Brief Biedenkopfs an seinen Nachfolger Milbradt bekannt, in dem er ihn indirekt zum Ruecktritt auffordert.

Formaler Anlass des bereits vor zwei Monaten verfassten Schreibens ist die Krise der Saechsischen Landesbank, eines Lieblingskinds von Milbradt. Deren Geschaeftsgebaren wird in Kuerze ein Untersuchungsausschuss des Landtags beleuchten, der auf PDS-Antrag zustande gekommen ist. Es geht um versteckte Verluste, unter anderem bei der Tochter Mitteldeutsche Leasing (MDL), um den Ruecktritt der Vorstaende und den drohenden Verlust des A-Ratings der Bank. Milbradt solle sich oeffentlich zu seiner Verantwortung fuer den schlechten Ruf der Bank bekennen, fordert nun Biedenkopf.

"Wie schon in der Vergangenheit setzt sich Biedenkopf damit dem Verdacht aus, private Interessen und Politik zu vermischen", sagt Hermann Winkler, bis zum Herbst des vorigen Jahres Generalsekretaer der saechsischen CDU und seither Chef der Saechsischen Staatskanzlei. Denn Biedenkopfs Schwiegersohn Andreas Waldow ist Pressesprecher der angeschlagenen MDL und steht unter dem Verdacht der Urkundenfaelschung.

Der Vorgang ist aber vor allem vor dem Hintergrund der Krise der saechsischen Union nach dem Wahldebakel 2004 interessant. Das mit der Entlassung Milbradts als Finanzminister 2001 offenkundig gewordene Zerwuerfnis der einstigen Maennerfreunde ist seither ein Dauerthema. So wie der Wahlkampf ganz auf Ministerpraesident Milbradt zugeschnitten war, wurde dieser innerparteilich auch allein fuer die Niederlage verantwortlich gemacht. Zugleich kamen nostalgische Erinnerungen an die Aera Biedenkopf auf, als sich die Landespartei noch hinter dem populaeren Erfolgsgaranten Biedenkopf, Spitzname "Koenig Kurt", verstecken konnte.

Hermann Winkler schaetzt, dass immer noch 30 Prozent der Mitglieder in der saechsischen CDU Anhaenger Biedenkopfs sind. Nach Insiderinformationen trifft sich ab und an ein Kreis dieser potenziellen "Verschwoerer" mit Biedenkopf im tschechischen Grenzort Bozi Dar auf dem Kamm des Erzgebirges. Mit seinem Intrigenstil demontiere sich Biedenkopf nun aber zunehmend selbst, sagt Winkler. Der fruehere Justizminister Steffen Heitmann forderte in der FAZ die Landespartei sogar zum Bruch mit Biedenkopf auf. "Verdienste bleiben Verdienste, aber fuer die Zukunft hast du uns nichts mehr zu sagen. Denn was du sagst, ist destruktiv", zitiert ihn die FAZ.

Den Brief Biedenkopfs an Milbradt hat ausgerechnet der so genannte SPD-Chefaufklaerer Karl Nolle an die Presse lanciert. Nolle hatte 2001 mit einer Kampagne gegen Biedenkopfs Privilegien massgeblich zu dessen Sturz beigetragen. Weil der bislang unbeantwortete Brief in der Staatskanzlei hoechstens zwei oder drei Leuten bekannt gewesen sein kann, vermutet Kanzleichef Winkler, der mit Informationen stets gut versorgte Nolle habe ihn direkt vom Absender erhalten. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Cornelius Weiss will deshalb noch "ein ernstes Wort" mit seinem Abgeordneten reden. Auch er haelt es fuer einen "sehr schlechten Stil" Biedenkopfs, sich in die Angelegenheiten seines Nachfolgers einzumischen. Parteichefin Angela Merkel war am Dienstag extra zu einem Schlichtungsgespraech nach Dresden gereist.

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Bemerkung von Karl Nolle: Ich bin zur Desinformation des Staatskanzleichefs Winkler von M. Bartsch oder anderen Journalisten nicht befragt worden.

Karl Nolle im Webseitentest
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