Sächsische Zeitung, 31.05.2005
Erst mal die Schularbeiten
Finanzen. Sachsens Finanzminister Horst Metz über Steuerausfälle, Einsparungen und die Landesbank-Affäre.
Wieder hat Sachsen ein Loch in der Haushaltskasse. 190 Millionen fehlen diesmal wegen Steuerausfällen. Wie soll es gestopft werden?
Wir werden dem Kabinett am 7. Juni Vorschläge unterbreiten, wie diese Summe eingespart werden kann. Sie können sicher sein: Ich werde auch diesmal nicht zur Bank gehen, 190 Millionen Euro Kredit aufnehmen und dann versuchen, einen Nachtragshaushalt per Landtagsbeschluss zu bekommen.
Aber ganz überraschend kam die Hiobsbotschaft auch diesmal nicht . . .
Nein, wir hatten auch im Frühjahr 2004 Steuerausfälle in dreistelliger Millionenhöhe zu verkraften. Unser Vorteil ist: Sachsen hat seine Steuereinnahmen nicht so optimistisch wie die Bundesregierung eingeplant, sondern sich eher auf die Aussagen der Wirtschaftsinstitute verlassen. Die haben gesagt: Die 1,0 Prozent Wirtschaftswachstum, die von der Bundesregierung genannt werden, stimmen nicht, wir müssen mit 0,7 Prozent kalkulieren.
Die Misere sinkender Einnahmen hat Sachsen noch lange nicht hinter sich?
Nein, alle Bundesländer haben zu kämpfen. Ich kann nur hoffen, dass der neue Bundestag sehr schnell über Reformen entscheidet.
In welche Richtung sollte es denn gehen?
Vordringlich ist für mich eine vollständige Überarbeitung der Steuergesetzgebung. Dabei müssen wir natürlich über eine Entlastung der Unternehmen und der Bürger diskutieren. Aber es muss klar sein: Weniger Geld in der Kasse kann sich derzeit kein Bundesland leisten. Entscheidend wird sein, welche Prioritäten wir im Steuerrecht setzen. Ich könnte mir vorstellen, dass man die Eigenheimzulage kürzt und auch die Mehrwertsteuer erhöht – aber nur im Kontext einer gesamten Steuerreform. Aber eines sollte man sicher nicht tun: Die Mehrwertsteuer erhöhen, um so Haushaltslöcher zu stopfen. Wir müssen Personal abbauen und Strukturen grundlegend verändern.
Wo sehen Sie noch Kürzungsmöglichkeiten?
Ich sehe noch viele weitere Rückzugsnotwendigkeiten des Staates. Wir müssen nicht alles finanzieren. Wir werden vielleicht Dinge, die die innere Sicherheit betreffen, künftig stärker finanzieren müssen, etwa Gefahrenabwehr und Terror-Bekämpfung. Bei anderen Dingen werden wir uns als Staat eher zurückziehen müssen. Ich denke zum Beispiel an den Um- und Abbau des Sozialstaats. Nach der Bundestagswahl werden wir sehr schnell zu Entscheidungen kommen.
Kein Gespräch mit dem Finanzminister ohne das Thema Sachsen-LB. Der Untersuchungsausschuss nimmt demnächst seine Arbeit auf. Der Ruf der Bank ist zerstört. Und nun?
Zunächst mal haben wir die Bank ab 1. Juli mit Herbert Süß als Vorstandschef neu aufgestellt. Mit ihm haben wir einen renommierten Experten, der die Bank steuern wird. In vier bis sechs Wochen werden wir einen weiteren Vorstand benennen. Und dann werden wir daran arbeiten, die Kooperation zwischen Sparkassen und Landesbank möglichst eng zu ziehen. Die Sparkassen im Freistaat verfügen über erhebliches Passivkapital, das in unterschiedlicher Form angelegt ist. Mir schwebt vor, dass sie das Geld zu einem Teil in die Landesbank einbringen, so dass dort damit gearbeitet werden kann.
Was ist mit der notwendigen Kapitalerhöhung – von 400 Millionen Euro war Rede?
Je besser sich Synergien zwischen Landesbank und Sparkassen entfalten, je enger die Partner verzahnt sind, desto stärker kann die Sachsen-LB aus eigener Kraft eine sehr gute Bewertung für Geschäfte an den Kapitalmärkten bekommen. Deshalb müssen wir zuerst Dinge regeln, die kein Geld kosten.
Doch Sie erwarten von den Anteilseignern eine stärkere Beteiligung?
Wir werden sehen. Aber die Finanzlage der Kommunen kennen wir doch zur Genüge. Es gibt da verschiedene Modelle.
Sie versuchen, auch andere Bundesländer für die Landesbank zu gewinnen?
Im Moment sind das nur Überlegungen. Ich will nur mal daran erinnern: 1992 war die Sächsische Landesbank als Ostdeutsche Landesbank gedacht. Dann haben die anderen neuen Bundesländer doch nicht mitgemacht, und es kam nur zur Sächsischen Landesbank. Wir sind natürlich offen, wenn andere Länder Interesse an unserem Modell haben sollten. Als kleine Landesbank kann man auch mit den großen, der Nord-LB, der West-LB, der Bayerischen Landesbank, in Geschäftsfeldern kooperieren. Das heißt nicht, dass wir uns ausverkaufen müssen. Aber wir müssen jetzt unsere Schularbeiten machen.
Rechnen Sie damit, dass in Bezug auf die Landesbank noch weitere strafrechtlich relevante Vorgänge auftauchen?
Ob irgendein Mitarbeiter X irgendetwas getan hat, weiß ich nicht. Es ist auch nicht Aufgabe des Verwaltungsrates oder seines Vorsitzenden, sich dafür zu interessieren. Ich bin zuständig für die Aufsicht über 40 Unternehmen, an denen der Freistaat beteiligt ist, alle haben mehr Mitarbeiter als die Landesbank. Der Finanzminister kann sich nicht ausschließlich mit der Landesbank beschäftigen. In Deutschland gilt das Prinzip der Überwachung durch Gremien, ein anderes gibt es nicht. Manche fragen mich zum Beispiel, warum ich Herrn Vorstand Weiß nicht früher rausgeworfen habe. Ich konnte das gar nicht, selbst wenn ich gewollt hätte. Ich sah aber auch nie eine Notwendigkeit, das zu tun.
Das Gespräch führten Annette Binninger und Stefan Melle.