DNN/LVZ, 10.06.2005
NPD ohne Geld und Kondition
Dresden. Vor ein paar Monaten fühlten sich die Rechtsextremen an der Elbe noch im Aufwind. Gern sprachen NPD-Führungskader rund um Fraktionschef Holger Apfel vom "Fanal von Dresden" und Fraktionsgeschäftsführer Peter Marx vom generellen Ziel: der Eroberung der Republik bei der Bundestagswahl. Doch mittlerweile ist Ernüchterung eingekehrt auf rechtsextremen Landtagsfluren.
"Im Moment sieht's schlecht aus", meint Marx zum geplanten Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde in Berlin, möglich seien allemal "knapp drei Prozent". Er setze deshalb auf mindestens drei siegreiche Direktkandidaten.
Die plötzliche Genügsamkeit am rechtsextremen Rand hat einen einfachen Grund: Seit Mitte Februar geht es bundesweit bergab mit der NPD, reiht sich eine Wahlniederlage an die nächste. Bitter waren nicht nur die 1,9 Prozent in Schleswig-Holstein, auch bei den OBM-Wahlen in Leipzig und Görlitz verfehlten NPD-Kandidaten mit 2,4 und 3,7 Prozent ihr Ziel. Vollends verheerend für die NPD aber ist das Ergebnis in Nordrhein-Westfalen (NRW) am 22. Mai: 0,9 Prozent, noch hinter der linken Wahlalternative WASG.
Für die NPD im Bundestagswahlkampf hat das Folgen. Ein Prozent gilt bei Landtagswahlen als Schwellenwert für die Wahlkampfkostenerstattung. Weil die NPD in Düsseldorf die notwendigen rund 80.000 Stimmen knapp verfehlte, entgehen ihr über 350.000 Euro - davon fast 150.000 für die Bundeszentrale. Entsprechend regt sich Kritik. "Schlecht aufgestellt" sei die Partei, schreibt der rechtsextreme Vordenker Jürgen Schwab zum Wahlausgang in NRW, die Bundestagswahl komme "zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt".
Marx sieht das anders. Er setzt im Wahlkampf auf eine neue Schulhof-CD für Erstwähler (200.000 Stück), den "Deutschland-Pakt" mit der DVU sowie auf den einstigen APO-Vorkämpfer Bernd Rabehl. Der Ex-Linke soll Intellektuelle am rechten Rand einfangen, in die NPD eintreten will er aber nicht. Dabei ist klar: Mangels Masse verschiebt sich der politische Schwerpunkt im NPD-Wahlkampf weiter Richtung Elbe. Marx ist Bundeswahlkampfleiter, als Bundeszentrale dafür dienen die Büros im Dresdner Lockwitzgrund. Und die Direktwahlkreise will Marx sowieso vor allem in Sachsen holen - mit Apfel (Riesa-Großenhain) und Uwe Leichsenring (Sächsische Schweiz). Darüber hinaus gebe es Chancen im Spreewald (Brandenburg) sowie in Anklam (Vorpommern).
Sicherheitsexperten geben den Rechtsextremen dabei kaum Chancen. "Insgesamt sind die Erfolgsaussichten der Direktkandidaten eher als gering einzuschätzen", schreibt das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz. Und auch der Hamburger Verfassungsschützer Heino Vahldieck meint, die NPD könne sich kaum mehr "organisatorisch so aufstellen", dass sie Erfolg haben werde.
Umso härter ist die aktuelle Tonart von Marx. "Wir Nationaldemokraten sind nicht bereit, die Straßen Linkskriminellen zu überlassen", lautet eine seiner Formeln. Wenn Staat und Polizei NPD-Stände im Wahlkampf nicht schützten, "werden wir uns zur Wehr setzen" - eine kaum mehr verhohlene Drohung mit Weimarer Verhältnissen.
Jürgen Kochinke