Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 15.06.2005

Defekte Notbremse

Paunsdorf-Center. Die Skandal-Immobilie bleibt ein Millionengrab. Das Land Sachsen verzichtet auf den Kauf.
 
Es ist eine brisante Altlast, über die gestern am Kabinettstisch verhandelt wurde: das Behörden-Center in Leipzig-Paunsdorf. Rund 8,5 Millionen Euro Miete zahlt der Freistaat jedes Jahr dafür, dass heute in dem Gebäude-Komplex acht Behörden mit rund 1 350 Mitarbeitern untergebracht sind.

Schnäppchen für Bikos Freund

Eine horrende Ausgabe, die einst Alt-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) fast das Amt gekostet hätte. Biedenkopf, so der Vorwurf eines eigens eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschusses, soll dafür gesorgt haben, dass sein Duzfreund Heinz Barth das Gelände zum Schnäppchenpreis erwerben und bebauen konnte. Später ordnete der Regierungschef persönlich an, dass der Freistaat als lukrativer Mieter in Paunsdorf einzog – mit wasserdichten Mietverträgen. Die Prüfungen durch den Ausschuss im Landtag, in dem die CDU einst die absolute Mehrheit hielt, blieben für Biedenkopf dennoch ohne Konsequenzen.

Um den Dauer-Schaden des Deals zu begrenzen, den die PDS mit 138 Millionen Euro zu Lasten des Freistaates beziffert, prüfte das Kabinett gestern die im Vertrag festgelegte Kaufoption für die Immobilie, um aber gleich wieder abzuwinken. Für einen Kauf sind rund 140 Millionen Euro nötig, da Biedenkopfs geschäftstüchtiger Freund auch den Preis vorsorglich festgeschrieben hat.

Zu teuer, entschied das Kabinett und bestätigte damit einen entsprechenden Vorschlag von Finanzminister Horst Metz (CDU). Der hatte extra eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung angeordnet. Eine Kaufoption, so gab er bekannt, sei nur interessant, wenn die Eigentümer beim Preis nach unten gehen. Weil die dazu aber nicht bereit sind, wird der Freistaat auch künftig Millionen überweisen müssen, obwohl nicht zuletzt der Landesrechnungshof Verträge und Mieten als unannehmbar kritisiert hat.

Gerangel um leere Tresore

Die Opposition begrüßte den Kauf-Verzicht dennoch. Laut André Hahn (PDS) ist diese Option nur bei einem Preis von unter 100 Millionen Euro sinnvoll. Sven Morlok (FDP) forderte die Staatsregierung auf, nun auch die Mietverträge zu kündigen und sich vollständig von dem Millionengrab zu trennen.

Im Kabinett hat man indessen andere Sorgen. So war die Summe von 140 Millionen Euro vorsorglich als Haushaltsposten eingeplant. Nun steckt man in der Zwickmühle, weil es erste Stimmen gibt, die dieses Geld für andere Zwecke verwendet sehen möchten – zum Beispiel für die Sanierung der Landesbank. Doch daraus dürfte nichts werden, denn ausgerechnet Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) räumte kürzlich im Landtag ein, dass es sich bei der vermeintlichen Rücklage nur um die Ermächtigung handelt, sich das fällige Paunsdorf- Geld notfalls bei Banken zu borgen.
Von Gunnar Saft

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: