Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland ND, 25.06.2005

300 Millionen aus dem Hut

Minister regelt Kapitalzufuhr an Sachsen LB im Alleingang
 
Sachsens Landesbank bekommt frisches Kapital. Ein einsamer Finanzminister entschied, 300 Millionen Euro in das Geldhaus zu stecken – trotz leerer Kassen. Vermutet wird, dass Bank verkauft werden soll.

Ein Onkel kann sich beliebt machen, wenn er mit beiläufigem Griff in die Geldbörse die seelische Pein seines Neffen lindert, der zwar Moped fahren möchte, aber nicht über das nötige Kleingeld verfügt. Vielleicht möchte auch Horst Metz einmal den reichen Onkel geben. Sachsens Finanzminister muss sonst oft die Rolle des Knausers spielen – zuletzt durch Verhängen einer Haushaltssperre. Jetzt aber hat er in die Vollen gelangt. 300 Millionen Euro zauberte er aus dem Hut. Mit dem Geld soll Sachsens Landesbank ihr Ansehen aufmöbeln.

Die Absicht ist honorig. Eine Kapitalaufstockung soll der Bank ein gutes Rating garantieren – trotz des von der EU verfügten Wegfalls der Gewährträgerhaftung, mit der Länder und Kommunen für öffentliche Kreditinstitute hafteten. Ähnliche handelten auch andere Länder. So steckte Hessen 250 Millionen in seine Landesbank.

Großmütig sollte Metz´ Vorgehen wohl wirken, weil der Freistaat für die Kapitalerhöhung allein aufkommt, obwohl er bisher nur indirekt an der Bank beteiligt war. Ihm gehören 23 Prozent der Sachsen-Finanzgruppe (SFG), in der auch elf von 20 sächsischen Sparkassen mitarbeiten. Die SFG besaß 80 Prozent der Landesbank. Weil aber die Kommunen, die hinter den Sparkassen stehen, kein Geld haben, springt das Land in die Bresche – und wird quasi nebenbei auch größter und einflussreichster Anteilseigner.

Die Resonanz auf Metz’ Initiative war indes verheerend. Zwar billigten die SFG-Anteilseigner den Vorstoß mit Dreiviertel-Mehrheit; auch im Kabinett gilt am 5. Juli die Zustimmung als sicher. Zeitungen sprachen jedoch von einem »umstrittenen Rettungsanker« und »Verfahrens-Chaos« angesichts der einsamen Entscheidung, die selbst an Ministern vorbei gefällt wurde. Für Verblüffung sorgten auch die sprudelnden Geldquellen. Das Geld stammt aus dem Grundstock des Freistaats. Eine Kommentatorin sprach unter der Überschrift »Millionen-Stadel Sachsen« ironisch von einer »ziemlich dicken Portokasse« und fragte, warum das Geld »nicht auch für Kindergärten, Schulen oder Investitionen in die Bildung« ausgegeben werden könne.

Millionen »wie aus dem Nichts« akquiriert

Ähnliche Kritik muss sich CDU-Mann Metz selbst aus den eigenen Reihen anhören. Ein Unions-Schulexperte zeigt sich irritiert, weil er als Fachpolitiker Schulschließungen vertreten müsse, während der Minister Millionen »wie aus dem Nichts« akquiriere. Für den ministeriellen Alleingang sprach Koalitionspartner SPD gar eine »ausdrückliche Missbilligung« aus.

Im Landtag, der das Thema auf dringlichen Antrag von FDP und Bündnisgrünen beriet, setzte sich die Schelte fort. Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau bezeichnete die Kapitalerhöhung zwar als »alternativlos«, nannte die Informationspolitik aber »katastrophal«. Der FDP-Abgeordnete Andreas Schmalfuß verlangt, Metz müsse die Zustimmung des Landtags einholen. Er begehrten zudem eine Neuausrichtung der Landesbank, die stärker für den regionalen Mittelstand arbeiten solle. In der Vergangenheit hatte es riskante Geschäfte gegeben, die derzeit einen Untersuchungsausschuss im Landtag beschäftigen.

PDS kritisiert fehlende Landtagsbeteiligung

Auch PDS-Finanzexperte Ronald Weckesser kritisiert fehlende Landtags-Beteiligung – zum wiederholten Mal. Gegen den Willen der PDS seien enorme Beträge zur »freihändigen Verwendung« im Etat eingestellt, so auch Mittel für die allerdings »unumgängliche« Kapitalerhöhung. Zur dauerhaften Rettung der Landesbank sei das nicht ausreichend, für andere von Weckesser vermutete Zwecke schon: Die Sachsen LB solle verkauft werden. Verhandlungen mit WestLB und Bayrischer Landesbank laufen. Mit der Offenlegung von Skandalen werde die Sachsen LB »sturmreif« geschossen, die Millionenspritze, so Weckesser, mache sie nun »funktionsfähig und als Braut damit schön«. Was könnte einem reichen Onkel mehr am Herzen liegen.
Von Hendrik Lasch, Dresden

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