Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 11.07.2005

Der erste Zeuge der Anklage

Untersuchungsausschuss. Mit Ludwig Hausbacher sagt heute eine der Schlüsselfiguren in der Landesbank-Affäre aus.
 
Mit Spannung wird heute der Auftritt eines Geschäftsmanns aus Bayern vor dem Untersuchungsausschuss zur Landesbank-Affäre erwartet: Der 47-jährige Ludwig Hausbacher ist der erste Zeuge, der vor dem Landtagsgremium aussagt. Bis Herbst wird er auch der einzige Zeuge bleiben.

Vor der Bundestagswahl, das ist vor allem ein Wunsch der sächsischen CDU, soll Ruhe sein im Ausschuss. Die großzügige Auslegung der Dienstwagen-Regelung, die freigebige Hand in Gehaltsfragen, die Vermischung von privaten und geschäftlichen Dingen oder gar kriminelle Handlungen – all dies soll möglichst lange kein allzu öffentliches Thema mehr sein. Zu groß ist die politische Angst der Landesregierung, der Wähler in Sachsen könnte all dies ernster nehmen, als es die Kontrollgremien der Bank offensichtlich jahrelang getan haben.

Hausbacher hat in der Affäre eine Schlüsselrolle. Seiner Firma Industrie- und Immobilienleasing GmbH (IIL) gehören 49 Prozent der Mitteldeutschen Leasing AG (MDL). Während die Landesbank Sachsen ihren 51-prozentigen Anteil an der MDL am liebsten in den Orkus der Geschichte schleudern möchte, kämpft Hausbacher um seine 49 Prozent. Über deren Wert streiten sich seit Monaten Gerichte, Wirtschaftsprüfer und natürlich die MDL-Aktionäre: Die Spanne reicht von minus 3,3 Millionen bis hin zu plus 140,5 Millionen Euro.

Hausbacher wird nach SZ-Informationen die Ex-Bankmanager Michael Weiss und Rainer Fuchs heute schwer belasten, ebenso die inzwischen abgesetzte MDL-Vorstandschefin Andrea Braun. Aber auch Spitzenpolitiker, die für die Aufsicht des Kreditinstituts zuständig waren und sind, werden wohl ihr Fett wegbekommen.

Ministerpräsident Georg Milbradt und Finanzminister Horst Metz (beide CDU) distanzieren sich heutzutage mehr oder minder diplomatisch von Hausbacher. Dabei war der lange Zeit gern gesehen in Sachsen. Millionen investierte der Geschäftsmann selbst oder mit Partnern in sächsische Firmen: in die Rogo-Strumpfwerke GmbH in Oberlungwitz oder in die Glashütter Uhrenbetriebe GmbH. Seine Beziehungen zu Ex-Regierungschef Kurt Biedenkopf sind inzwischen ebenso bekannt wie die Kontakte zu deutschen Wirtschaftsgrößen. Am BMW-Zuschlag für Leipzig hat er nach eigenen Angaben mitgedreht. Der Landesbank soll er lukrative Aufträge vermittelt haben, so beim Börsengang von Telegate oder einem dreistelligen Millionenkredit für den Batteriehersteller Varta. Hausbachers Kontakte beeindruckten auch Metz: Im Herbst 2002 kommunizierte der Minister mit Hausbacher über ein mögliches Leasing von Polizeifahrzeugen. Ein Jahr später bat Metz Hausbacher um Hilfe beim Werben um ein neues Werk des Reifenherstellers Continental: Es sollte in Metz‘ Wahlkreis in Pirna gebaut werden.

Beim MDL-Streit geht es nicht nur um Millionen; er kostet auch so viel. Mehrere Prozesse, bis hin zum Bundesgerichtshof, sowie mindestens sieben Gutachten kommen Hausbacher und dem Steuerzahler teuer zu stehen: Allein die von der MDL selbst initiierte Sonderprüfung durch Deloitte & Touche verschlang 241 606,12 Euro. All das macht den Ausschuss zu einer Bühne für politische Schlammschlachten. Alle drei Generationen sächsischer Finanzminister – von Milbradt über Thomas de Maizière bis hin zu Metz (alle CDU) – werden als Zeugen aussagen müssen. Der pikanteste Auftritt dürfte jedoch der von Kurt Biedenkopf werden.
Von Ulrich Wolf und Annette Binninger

Karl Nolle im Webseitentest
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