Sächsische Zeitung, 14.07.2005
Drei Cuba-Libre, eine Zigarre und ein Millionen-Deal
Die Affäre um die sächsische Landesbank stürzt die Regierung in weitere Erklärungsnöte.
Etwas Alkohol, ein paar Walzer und vielleicht zum Abschluss noch ein Tango. Dann endet die Nacht, der Morgen bricht fast schon an. Und bei einer fein gedrehten kubanischen Zigarre, genüsslich gepafft, gibt es nur ein paar Takte später schließlich ein „Angebot“. „Ich kann mir vorstellen, bis zu 35 Millionen Euro für die Anteile von Herrn Hausbacher zu zahlen“, soll Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU) in einer gemütlichen Sitzecke am Rande des Landespresseballs gesagt haben. In der Nacht vom 16. auf den 17. April, abseits des Ball-Getümmels im Dresdner Stadtmuseum.
So erinnert sich zumindest Andreas Waldow. Der ist pikanterweise nicht nur der Schwiegersohn von Alt-Ministerspräsident Kurt Biedenkopf (CDU), sondern eben auch Pressesprecher der Tutzinger Industrie- und Immobilienleasing GmbH (IIL). Waldow unterstützt damit vehement die Version seines Firmenchefs, Ludwig Hausbacher.
Zum Schluss ein „Absacker“
Der IIL-Geschäftsführer hatte bereits am Montag vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags ausgesagt, ein 35-Millionen-Angebot von Metz für die IIL-Anteile an der Landesbank-Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) erhalten zu haben. Fast zwei Stunden, so Waldow, habe Metz in besagter kubanischer Ballnacht mit ihm und dem Dresdner Notar Georg Schildge gesprochen und damit versucht, den Millionen-Streit zu beenden und den Untersuchungsausschuss zur Landesbank doch noch abzuwenden. Metz habe „bis zu 35 Millionen“ ins Spiel gebracht. Anschließend, so Waldow, habe man zusammen einen „Cuba-Libre“ getrunken und sei im Gemeinschaftstaxi nach Hause gefahren.
Besonders brisant an Waldows Aussagen: Hätte Metz selbst bis zu 35 Millionen für die Hausbacher-Anteile – seine IIL hält 49 Prozent – genannt, hätte Metz damit eingeräumt, dass auch er den Wert der MDL-Anteile bei rund 70 Millionen Euro sieht. Laut Gutachten soll der Wert der Anteile jedoch nur bei etwas mehr als fünf Millionen Euro liegen; das wären also rund 2,5 Millionen Euro für Hausbacher. Der aber fordert 140 Millionen Euro.
Schlechte Erinnerung
Finanzminister Horst Metz (CDU) fällt die genaue Erinnerung offenbar schwerer als Waldow. Doch die Erinnerung kommt scheibchenweise zurück. „Es hat nie ein Angebot des Finanzministers gegeben“, hatte das Metz‘sche Ministerium am Montag noch jegliches Gespräch, Angebot oder ähnliches dementiert. „Bereits die Höhe des angeblichen Angebots zeigt, wie unsinnig die Unterstellung ist“, erklärte Metz da noch. Ganz so unsinnig aber offenbar doch nicht: Schon wenige Tage nach der Ballnacht, so Waldow, wird am 20. April erneut über 35 Millionen gesprochen.
Am Mittag dieses Frühlingstages treffen sich – nach Waldows Version – Schildge und er zu einem weiteren Sondierungsgespräch in dessen Notariat in Dresden. Diesmal ist auch der Hausbacher-Anwalt Klaus K. Fischer dabei. Nach Fischers Aussage bringt Schildge dabei erneut 35 Millionen ins Spiel. Dennoch: Auch gestern blieb Metz bei seinem Dementi: „Es hat von mir kein Verhandlungsangebot gegenüber Herrn Hausbacher oder gegenüber anderen Personen gegeben“, ließ er in einer Pressemitteilung verbreiten. „Ich habe auch niemanden beauftragt, ein Verhandlungsangebot abzugeben.“
Auch hier ein klarer Widerspruch gegenüber Waldow und Fischer: Metz habe ihnen gesagt, dass Schildge „von ihm autorisiert sei“, mit ihnen Gespräche „in seinem Auftrag zu führen“. Schildge habe betont, „dass er nicht als Bevollmächtigter der Landesbank Sachsen oder des Finanzministeriums, sondern als persönlicher Vertrauter von Herrn Dr. Metz in Erscheinung trete“, so Fischer. Schildge war auf SZ-Anfrage gestern nicht zu einer Stellungnahme bereit.
Regierung unter Druck
Das Timing ist gut – jedenfalls für Opposition und Hausbacher, der damit wenige Wochen vor einer Bundestagswahl den höchstmöglichen Druck auf die Regierung erzielt. „Wir behalten uns vor, rechtliche Schritte einzuleiten“, kündigte die Sprecherin des Finanzministeriums, Monika Dunkel, gestern Abend auf SZ-Anfrage an. Auch Waldow ist kampfeslustig. Er ist bereit, seine Aussage auch vor dem Untersuchungsausschuss zu wiederholen. „Ich kann alles belegen“, bekräftigt Waldow seine Aussagen. „Wenn notwendig, werde ich sie auch in Form einer eidesstattlichen Versicherung hinterlegen.“
Doch auch CDU-Koalitionspartner SPD kommt unter Druck. Wieder einmal wegen
Karl Nolle. Der SPD-Landtagsabgeordnete hatte mit seinen hartnäckigen Nachfragen an Hausbacher im Untersuchungsausschuss den 35-Millionen-Stein erst ins Rollen gebracht. Gestern legte Nolle noch einmal Holz nach ins Affären-Feuer und schickte die Waldow- und Fischer-Aussagen ganz offiziell an den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses. Er habe nur seine Pflicht getan, sagt Nolle schlicht. Metz habe sich „durch seine sieben Versionen Dementis bedauerlicherweise selber eine Grube gegraben“.
Von Annette Binninger