Sächsische Zeitung, 15.07.2005
SPD rennt ihrem Einzelkämpfer Nolle hinterher
Nach einem internen Eklat schwenkt nun auch der Koalitionspartner der CDU auf Aufklärungskurs.
Noch am Montag herrschte in den Reihen der SPD-Fraktion böses Blut. Gestritten wurde wieder einmal über und mit dem Abgeordneten
Karl Nolle. Der hatte ohne Rücksicht auf seine Genossen, die den Koalitionsfrieden mit der CDU unbedingt erhalten wollten, Regierungschef Georg Milbradt und Finanzminister Horst Metz (beide CDU) in der Landesbank-Affäre scharf attackiert. Als alles Einreden auf den Abweichler nichts half, wurde es laut. Nolle (120 Kilo Lebendgewicht) schrie und Kollege Stefan Brangs (2,04 Meter Körpergröße) schrie zurück. Das Ergebnis: Nolle zwang ein Schwächeanfall ins Bett, und Brangs war am Rand eines Nervenzusammenbruchs.
Doch wer nun einen fraktionsinternen Bannstrahl gegen Nolle erwartet hatte, der irrt. Im Gegenteil, der schwergewichtige Sozialdemokrat macht seinem umstrittenen Ruf als „Chefaufklärer um jeden Preis“ weiter Ehre und zwingt die eigene Fraktion so Stück für Stück zur Kursänderung. Zunächst war es an SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss, der nun ebenfalls eine zügigere Aufklärung der Bank-Affäre und eine Sondersitzung des Untersuchungsausschusses fordert – natürlich sehr zum Missfallen des Koalitionspartners CDU. Der bot gestern sogar Kabinettschef Milbradt auf, um Weiss per Krisengespräch zur Räson zu bringen – bislang umsonst. In der SPD-Fraktion gibt es zudem öffentlich kaum noch Schelte für Nolle. Dessen Kritik sei in der Sache ja in Ordnung. „Er muss nur aufpassen, dass er nicht die Opposition in der Koalition wird“, meint nun selbst Brangs. Fraktionskollege Martin Dulig pflichtet bei. Der Karl müsse künftig nur noch etwas stärker darauf achten, was in einer Koalition geht und was nicht. Nach einem Maulkorb für Nolle klingt das alles nicht. Der hütet sich aber, den wichtigen Teilsieg lautstark auszukosten. Nur soviel: „Ich bin erfreut, dass wir nun einer Meinung sind.“
Von Gunnar Saft