DNN/LVZ, 12.08.2005
Pendlerpauschale sorgt für neuen Koalitionskrach
Dresden. Im Bundestagswahlkampf gehen Sachsens Koalitionspartner CDU und SPD auf Konfrontationskurs. SPD-Chef und Wirtschaftsminister Thomas Jurk erteilte den Plänen der Union, die Pendlerpauschale zu kürzen, gestern eine Absage: "Ich befürchte, dass ohne den finanziellen Ausgleich viele Pendler mit ihren Familien dem Freistaat den Rücken kehren würden."
Das wäre auch im Hinblick auf den künftigen Fachkräftebedarf ein großer Verlust für die Unternehmen in Sachsen, so Jurk.
Die Union will die Pendlerpauschale von 30 Cent auf 25 Cent pro Kilometer senken und die maximale Entfernung auf 50 Kilometer begrenzen. Doch mit der gekürzten Pauschale könnte ein Fernpendler mit einem Arbeitsweg von rund 70 Kilometern im Vergleich zu heute 1750 Euro weniger von der Steuer absetzen, sagte Jurk. Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit vom Juni 2004 arbeiten rund 120.000 Beschäftigte aus Sachsen in einem anderen Bundesland. Rund 70.000 Pendler fahren demnach in die alten Bundesländer, davon die meisten nach Bayern und Baden-Württemberg. Die anderen haben eine Stelle in den benachbarten Ostländern. Gerade für den Osten müsse die Pendlerpauschale daher in der jetzigen Form bestehen bleiben, betonte Jurk.
Sachsens CDU-General Michael Kretschmer verteidigte die Kürzungspläne der Union. Angesichts der Mitnahmeeffekte und des Missbrauchs könne sich Deutschland die bisherige Pendlerpauschale nicht leisten. Oft würden in einer Fahrgemeinschaft alle vier Mitglieder abrechnen. Kretschmer: "Da muss man ran." Die geplante Kürzung bedeute auch keine Belastung für Sachsen. Der SPD warf der CDU-General zugleich vor, sie befände sich in einer Abwehrschlacht, weil sie keine eigenen Ideen mehr habe.
Der Krach in der "Vernunft-Ehe" - so Ministerpräsident Georg Milbradt und SPD-Chef Jurk - ist nicht der erste dieses Sommers: Bereits in der Vertriebenenpolitik, in der Frage der Registrierung der sexuellen Orientierung von Straftätern und im Zusammenhang mit dem Sachsenbank-Untersuchungsausschuss ging die SPD deutlich auf Distanz zur Union. Fraktionschef Cornelius Weiss hatte die CDU wegen ihrer Forderung nach einem "Zentrum für Vertreibung" vor Populismus gewarnt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Martin Dulig, fordert eine Erklärung von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) wegen der polizeilichen Behandlung Homosexueller. Beide Seiten halten jedoch bislang trotz der Konflikte unbeirrt am Fortbestand der Koalition fest.
Ellen Grosshans und Sven Heitkamp