Sächsische Zeitung, 30.08.2005
„Flurschaden“ im Kampf gegen Korruption
Reaktionen. In den Berufsverbänden von Polizei und Justiz stößt die Spitzel-Affäre auf Kritik.
Als „äußerst problematisch“ und „unangemessen“ hat der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Sachsen, Matthias Kubitz, die Art und Weise der Ermittlungen gegen den Antikorruptionsermittler Andreas Ball sowie andere Staatsanwälte, Kriminalisten und Journalisten bezeichnet. Seines Wissens gebe es keinen Anfangsverdacht, der die Erhebung von Telefondaten rechtfertige. Deshalb hätten zwei Richter die Maßnahmen gegen die Beamten zu Recht nicht genehmigt.
Folgenschwer seien dagegen schon jetzt die Konsequenzen. „Wer gegen Korruption vorgehen will, ist auf vertrauliche Hinweise angewiesen“, so Kubitz, „doch wer ruft denn noch einen Beamten an, wenn er damit rechnen muss, dass dessen Telefondaten ausspioniert werden?“ Das sei das Ende des Informantenschutzes, so der GdP-Landeschef. Damit sei im Kampf gegen Korruption in Sachsen schon jetzt beträchtlicher „Flurschaden“ angerichtet worden, und es müsse geprüft werden, wer dafür die politische Verantwortung trägt.
Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte die Staatsregierung gestern auf, die Antikorruptionseinheit Ines nicht zu demontieren, sondern zu erhalten und ihr den Rücken zu stärken. „Ines ist wichtig und muss weiter ungestört arbeiten können“, erklärte BDK-Landeschef Uwe Baumert. Zu den laufenden Ermittlungen mahnte er jedoch an, erst die Ergebnisse abzuwarten. Sollte sich jedoch herausstellen, dass die Antikorruptionsermittler unbegründet „unter Generalverdacht gestellt“ wurden, so wäre das „sehr kritisch“.
Frust bei den Betroffenen
Der Sächsische Richterverein forderte gestern vom Justizminister eine Überprüfung der Mitteilungspflicht und verlangte Klarheit, ob und in welcher Weise das Ministerium Einfluss auf die Arbeit der Staatsanwaltschaft genommen hat.
Von den Betroffenen selbst ist zu den Vorgängen nichts zu erfahren. Aus ihrer Umgebung heißt es jedoch, dass sich Verunsicherung breit mache, und es herrsche auch Frust bei einigen.
Von Thomas Schade