Agenturen ddp-lsc, 18:21 Uhr, 30.08.2005
Ruf nach Aufklärung - Erhebung von Journalisten-Telefondaten hat Nachspiel im Landtag
Regierung stellt sich hinter Mackenroth
Dresden/Berlin (ddp-lsc). Die Affäre um die von der Chemnitzer Staatsanwaltschaft ermittelten Telefonverbindungsdaten eines Dresdner Journalisten wird ein Nachspiel im Landtag haben. Am Dienstag forderten die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD die Staatsregierung auf, dem Parlament Auskunft über die Hintergründe der Ermittlungsmethoden zu geben. Die PDS-Fraktion kündigte einen Antrag an, wonach der Landtag die Erfassung der Telefon-Kontaktdaten des Journalisten als «nicht hinnehmbaren Eingriff» in die gesetzlich garantierte Pressefreiheit verurteilen soll. Während sich das sächsische Kabinett in der Affäre hinter Justizminister Geert Mackenroth (CDU) stellte, warf der Deutsche Journalistenverband (DJV) ihm Verharmlosung vor.
Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Chemnitzer Staatsanwaltschaft im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Dresdner Staatsanwalt auch die Telefonverbindungsdaten eines Journalisten erfasst hatte. Dies war zuvor vom Amtsgericht Chemnitz genehmigt worden, weshalb Mackenroth das Vorgehen rechtsstaatlich nannte. Der Fall hat massive Kritik in der sächsischen Presse, bei Verbänden und Parteien hervorgerufen.
Der Justizminister hat nach eigenen Angaben keinen Einfluss auf den Gang der Ermittlungen genommen. Regierungssprecher Thomas Raabe sagte nach der Kabinettssitzung am Dienstag in Dresden: «Es gab für Mackenroth überhaupt keinen Grund, das Verfahren zu ändern». Die Ministerriege habe Mackenroth «darin unterstützt, dass dieser Weg der richtige war».
FDP-Politiker Jürgen Martens nannte es «dreist», wenn sich Mackenroth vom Kabinett einen Persilschein ausstellen lasse, noch bevor alle Umstände restlos geklärt seien. Seine Fraktion werde sich nicht davon abhalten lassen, genau zu prüfen, wie es um die Pressefreiheit in Sachsen bestellt ist.
Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD versprechen sich Aufklärung indes durch Antworten der Staatsregierung auf sechs Fragen. Sie wollen unter anderem wissen, auf welcher Rechtsgrundlage die Erhebung der Telefonverbindungsdaten des Journalisten stattfand und welchen Erkenntnisgewinn sich die Ermittler davon versprachen.
Der betreffende Redakteur der «Dresdner Morgenpost» hatte vor drei Monaten exklusiv von einer Hausdurchsuchung der sächsischen Antikorruptionseinheit INES bei Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer berichtet, von der er offenbar vorab erfahren hatte. Der Staatsanwalt, dessen Telefonverbindungsdaten ebenfalls ermittelt wurden, wird offensichtlich als Informant des Journalisten verdächtigt. Er wurde inzwischen in eine andere Abteilung der Dresdner Staatsanwaltschaft versetzt.
DJV-Bundeschef Michael Konken forderte Mackenroth zu einem Gespräch auf. Es müsse «dringend verhindert werden, dass sich ein solcher Fall wie in Sachsen in anderen Bundesländern wiederholt». Journalisten seien auf Informanten angewiesen. Wenn diese sich nicht mehr sicher sein könnten, geheim zu bleiben, würden die Journalisten künftig auf wichtige Informationen verzichten müssen.
Von Tino Moritz
ddp/tmo/kfr
301821 Aug 05