Sächsische Zeitung, 02.09.2005
Landtag: Koalitionskrach und Sondersitzung
Schnüffel-Affäre. Minister lehnt Entschuldigung ab, und die CDU lässt nun den Partner SPD im Stich.
Sachsens Landtag wird am kommenden Mittwoch zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über die Konsequenzen aus der Telefonüberwachung zu entscheiden, die die Justiz kürzlich gegen einen Journalisten angeordnet hatte. Die PDS-Fraktion reichte gestern einen entsprechenden Antrag ein, den sie aufgrund ihrer Fraktionsstärke allein durchsetzen kann.
Inzwischen ist es wegen der Schnüffel-Affäre zwischen den Koalitionsfraktionen von SPD und CDU zu erheblichen Spannungen gekommen. Nachdem man noch vor zwei Tagen einen gemeinsamen Antrag vorgelegt hatte, mit dem die Staatsregierung zur Stellungnahme aufgefordert wurde, machten die Christdemokraten gestern eine heftige Kehrtwendung. Sowohl CDU-Fraktionschef Fritz Hähle als auch der rechtspolitische Sprecher Marko Schiemann stellten sich mit Erklärungen demonstrativ hinter den in dieser Angelegenheit unter Druck stehenden Justizminister Geert Mackenroth (CDU). Hähle stellte dem Minister sogar einen kompletten Persilschein aus: „Er hat sich korrekt verhalten.“
SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss nannte die neue Haltung des Koalitionspartners „überraschend“ und „unerklärbar“. Vor allem Hähles Aussage würde den Prüfantrag der Koalition überflüssig machen. Weiss bedauerte zudem, dass Mackenroth das Angebot, sich öffentlich für das Vorgehen der Justiz zu entschuldigen, zurückgewiesen hat. „Es war ein Vorschlag, der meiner Erfahrung nach die Sache zum guten Ende hätte bringen können.“
In der SPD wächst unterdessen der Druck, dass sich Parteichef Thomas Jurk, der als Wirtschaftsminister in der Koalitionsregierung sitzt, zu der Affäre äußert. „Es ist nicht die Aufgabe der SPD, im Kabinett den Hanswurst zu spielen“, so der Abgeordnete
Karl Nolle, nachdem das Kabinett am Dienstag Mackenroth noch einstimmig Rückendeckung gegeben hatte. Jurk widersprach gestern erstmals energisch. „Ich habe von meinem Kollegen Mackenroth schon in dieser Kabinettssitzung Aufklärung gefordert.“ Nun gehe er davon aus, dass dieser dem Wunsch auch nachkommt.
Von Gunnar Saft und Karin Schlottmann