Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 08.09.2005

Richtiges Ende der Leitung

Debatte in Sachsens Landtag
 
Seit Tagen ist es das Thema in sächsischen Zeitungen: Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hatte Mitte des Jahres Telefondaten des Dresdner Morgenpost-Reporters Ronny Klein ausspähen lassen, weil der Wind bekommen hatte von einer Durchsuchung bei Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU). Die Antikorruptions-Ermittler rückten frühmorgens an, der Reporter war schon da und fotografierte Schommer im Schlafanzug. Das wiederum setzte die Suche nach dem Informanten des Reporters in Gang.

Die Sache schlug mächtig Wellen. Koalitionspartner SPD fühlte sich zunächst an "alte Zeiten" erinnert, PDS, Bündnisgrüne und FDP schimpften "Skandal", die CDU aber verteidigte die Aktion und den gescholtenen Justizminister Geert Mackenroth (CDU).

Die Sondersitzung des Sächsischen Landtages zur "Pyjama-Affäre" brachte gestern keine neuen Erkenntnisse. Minister Mackenroth verteidigte noch einmal das Vorgehen der Ermittler auf der Suche nach dem Leck. Die einst massive SPD-Kritik war auf den höflich vorgetragenen Wunsch zusammengeschmolzen, Mackenroth möge dem Reporter sein Bedauern mitteilen. Denn nicht alles, was legal sei, sei schließlich auch legitim.

Gar nicht einfach hatte es die linke PDS als beinharter Verteidiger der Pressefreiheit, weil alle lauschenden Journalisten und die meisten Abgeordneten noch gut in Erinnerung hatten, wie massiv sie kürzlich gegen Zeitungen vorgegangen war, die es gewagt hatten, über die von der Birthler-Behörde bescheinigte Stasi-Mitarbeit des Fraktionsvorsitzenden Peter Porsch zu berichten.

Was die kleine Oppositionspartei FDP mit der Spitze kommentierte, bei der linken PDS habe man etwas gegen Telefonüberwachung, es sei denn, man sitze am richtigen Ende der Leitung. Überhaupt lieferte die FDP noch den interessantesten Wortbeitrag ab. Im Überwachungsfall Klein sei man wohl "mit der Brechstange auf die Pressefreiheit losgegangen", meinte der Liberale Jürgen Martens. Es habe keinesfalls eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorgelegen, welche die Anwendung des Überwachungsgesetzes rechtfertigte. "Ein Musterbeispiel einer gesetzlichen Regelung, die falsch angewendet wurde", so Martens.

Und es gehe ja auch anders in Sachsen: Anfang 2004 wurden Amtsgeheimnisse im Zusammenhang mit Affären höherer Polizeibeamter der Lokalpresse gesteckt. Bis heute seien wegen des Geheimnisverrats aber keine Ermittlungen eingeleitet worden. "Vermutlich weil es gegen unliebsame Beamte ging", meinte Martens. Offensichtlich gebe es "solche und solche" Geheimnisse in Sachsen.
von Bernhard Honnigfort

Karl Nolle im Webseitentest
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