Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 11.10.2005

Attacken gegen Metz und Milbradt

 
Dresden. Der Zeuge kam satte zwei Stunden zu spät. Ruhig saß Jürgen Geißinger gestern im SachsenLB-Untersuchungsausschuss und erklärte dem Landtagsgremium den Grund fürs Missgeschick: "Nebel über Nürnberg" - der Flieger habe nicht starten können. Auch den Nebel über Leipzig, dem Sitz der Landesbank und ihrer Leasing-Tochter MDL, konnte der 46-jährige Manager, im Hauptberuf Vorstandschef der Herzogenauracher Ina Holding Schaeffler KG, im Detail nicht wirklich lüften.

Dabei fungiert Geißinger seit 2002 als Aufsichtsrat der MDL, um die sich die Landesbank und der MDL-Minderheitsgesellschafter, die Tutzinger Industrie- und Immobilien-Leasing (IIL), seit gut drei Jahren öffentlich und vor diversen Gerichten streiten. Und weil Geißinger vom IIL-Besitzer Ludwig M. Hausbacher in das Gremium entsandt worden war, lag nahe, dass der Manager kritische Anmerkungen im Gepäck hatte - Attacken gegen Finanzminister Horst Metz und Regierungschef Georg Milbradt (beide CDU) inklusive.

Zurückhaltender Zeuge

Im öffentlichen Teil der Sitzung freilich gab sich Geißinger betont zurückhaltend, sagte nur das, was nicht zu vermeiden war. Das aber reichte, um die SachsenLB anzuzählen. Nach dem erzwungenen Abgang Ludwig Hausbachers und der Berufung Andrea Brauns - Lebensgefährtin des im Februar über den Streit gestürzten Landesbank-Chefs Michael Weiss - als Alleinvorstand seien "die Geschäfte in der MDL nicht so gelaufen, wie sie sollten", sagte Geißinger. Mehr noch: Andrea Braun, der er süffisant eher "Verwaltungsstärken" als geschäftliches Know-How attestierte, habe den Erfolg der Leasing-Firma nicht gerade befördert.

Ganz so weit wie IIL-Chef Ludwig Hausbacher, der der Bank vorwirft, ihn per Komplott aus der Firma herausdrängen zu wollen, ging Geißinger zwar nicht. Aber er betonte, dass nach seinem Eindruck der einstige MDL-Aufsichtsratschef und Landesbank-Vorstand Rainer Fuchs das Unternehmen gelenkt habe, während Andrea Braun nur ausführendes Organ gewesen sei. Die von ihr veranlasste Einstellung des Vertriebs und weitere Anordnungen hätten vor allem dazu gedient, die Leasing-Firma vollständig in die Hände der Landesbank zu bringen.

Widerstand, so Geißinger, sei schwierig gewesen: Im dreiköpfigen Aufsichtsrat sei er stets überstimmt worden und habe auch mit seinen "permanenten Hinweisen auf irgendwelche Missstände" nicht durchdringen können. Deshalb habe er sich mehrfach direkt an den Landesbank-Verwaltungsratschef Metz und Milbradt gewandt - ohne entscheidende Reaktion. Kern des Vorwurfs: Deren Aufsicht habe "nicht richtig funktioniert". Dass der Ministerpräsident dagegen nach wie vor öffentlich erklärt, nicht im Detail über die Vorgänge informiert gewesen zu sein, war gestern eine Steilvorlage für den SPD-Aufklärer Karl Nolle.

"Glaubwürdigkeit erschüttert"

Genüsslich zitierte der SPD-Mann aus internen E-Mails und Vermerken, die belegen, dass die Staatskanzlei von Landesbank und Finanzministerium geradezu minutiös über jeden Winkelzug des Streits auf dem Laufenden gehalten wurde. Für Nolle, aber auch den Obmann der Linkspartei, Klaus Tischendorf, ist damit die Glaubwürdigkeit Milbradts "stark erschüttert". Den Hauptfiguren der Affäre dürfte das egal sein: Nach Nolles Informationen haben sich Michael Weiss und Andrea Braun längst an anderer Stelle umgeschaut. Ein Bekannter des Paares wollte gestern nur bestätigen, "dass sie nicht mehr in Leipzig sind".
Lars Radau/Jürgen Kochinke

Karl Nolle im Webseitentest
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