Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland ND, 11.10.2005

Landesbanken in Konkurrenz

Sparkassenorganisation könnte in regionale Blöcke zerfallen
 
Die aktuelle Kooperation von SachsenLB und WestLB zeigt, wie stark die Sparkassenorganisation inzwischen in Bewegung ist.

»In echter Partnerschaft hat Dominanz keinen Platz«, meint Thomas Fischer. Seit der frühere Vorstand der Deutschen Bank an die Spitze der größten deutschen Landesbank, der WestLB, gerückt ist, macht er bundesweit Schlagzeilen: Kauf der Weberbank, Bündnis mit der NordLB und Kooperation mit der US-Fondsgesellschaft Mellon. Durch solche strategischen Partnerschaften wird die Reichweite der Westdeutschen Landesbank immer größer – kein Einzelfall in der Sparkassenorganisation.

Anfang der neunziger Jahre hatte noch jedes Bundesland seine eigene Landesbank. Sie kümmerte sich sowohl um die Finanzierung staatlicher Aufgaben als auch um die Sparkassen ihrer Region; für sie wickeln Landesbanken den Wertpapierhandel mit den Börsen in Frankfurt oder London ab, organisieren den Zahlungsverkehr von Millionen Girokonten. Durch Fusionen hat sich die Zahl der Landesbanken mittlerweile auf elf verringert, faktisch arbeiten sie in nur noch acht Konzernen zusammen. Im obersten Norden wurden die früheren Landesbanken Schleswig-Holstein und Hamburg zur HSH Nordbank AG fusioniert, im Südwesten übernahm die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) die Landesbank Rheinland-Pfalz und ist nun mit einem Geschäftsvolumen von 340 Milliarden Euro die fünftgrößte Bank in Deutschland. Die Bremer Landesbank ist Teil des Nord-LB-Konzerns in Hannover, und die SaarLB gehört heute zur BayernLB. Einige Landesbanken sind darüber hinaus miteinander verflochten: So besitzt die WestLB 26,6 Prozent des Kapitals der HSH Nordbank und ist als Spitzeninstitut der Sparkassen in Brandenburg aktiv. In der vergangenen Woche schloss man nun eine Kooperation mit der SachsenLB ab, die ebenfalls in eine Kapitalbeteiligung münden soll.

Insidern zufolge dürften bundesweit nur vier, fünf Landesbanken überleben. Und auch die Zahl der aktuell 466 Sparkassen wird sich deutlich reduzieren. So meint der Ostdeutsche Sparkassen- und Giroverband, auf seinem Gebiet werden von derzeit 60 Instituten nur 20 bis 30 übrig bleiben. Ähnliches erwartet der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) für den Westen. Gründe für diese Entwicklung sind sich wandelnde Märkte und der Wegfall der bisherigen Staatshaftung; seit Mitte Juli müssen Sparkassen und Landesbanken auf eigenen Füßen stehen.

Dabei geht es dem Sparkassenverbund besser denn je. Die Gewinne stiegen 2004 auf 1,9 Milliarden Euro, die durchschnittliche Eigenkapitalquote liegt mit gut 12 Prozent über der EU-Norm von 8 Prozent, und das Verhältnis von Aufwand und Ertrag hat sich deutlich verbessert. Verantwortlich dafür sind die deutlich gesunkenen Kosten – etwa durch Zusammenfassung der Informationstechnik in bundesweit drei Zentren. Gespart wird aber auch am Personal, die Ostkassen strichen rund 3000 Stellen. Bei der NordLB sollen nach Angaben der Gewerkschaft ver.di bis 2008 rund ein Viertel aller Stellen abgebaut werden.

Neben solchen Auswüchsen bedrohen interne Querelen den Verbund. So jagen die Landesbanken in Bayern und Hessen-Thüringen mit eigenen Direktbanken den örtlichen Sparkassen Kunden ab. WestLB-Chef Fischer droht mit einem Konter, der wiederum den bayerischen Kollegen Kunden kosten würde. Ein Strategie-Kongress des DSGV soll nun im November klären, ob die Sparkassenorganisation weiter als gemeinsame Gruppe operieren will oder ob die größte Finanzgruppe in Deutschland in einzelne schwergewichtige regionale Blöcke zerfällt.
Von Hermannus Pfeiffer

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Marktanteil der einzelnen deutschen Bankengruppen in Prozent der Bilanzsumme:
Private Banken - 28,2
Landesbanken - 19,2
Sparkassen - 15,0
Genossenschaftsbanken - 8,6
Hypothekenbanken - 13,0
Bausparkassen - 2,8
Sonderinstitute - 13,2
(Quelle: Pressebüro FDL Hamburg, Deutsche Bundesbank)

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