Sächsische Zeitung, 17.11.2005
Milbradts Sprecher springt ab nach Berlin
Personalie. Sachsens Regierungssprecher Thomas Raabe gibt sein Amt überraschend auf.
Er kam, sah – und ging wieder. Sachsens Regierungssprecher Thomas Raabe gibt überraschend seinen Posten auf. Und Regierungschef Georg Milbradt (CDU) muss damit nicht nur einen neuen Innenminister, sondern auch einen neuen Regierungssprecher suchen.
Überraschend gab Milbradts Sprachrohr gestern seinen Wechsel nach Berlin bekannt. Raabe, der erst im Mai dieses Jahres den Spitzenposten in der Staatskanzlei angetreten hatte, wird Sprecher des designierten Bundesverteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU).
Man gehe im besten Einvernehmen auseinander, bemühte sich Raabe gestern um Schadensbegrenzung. Am Dienstag habe er Ministerpräsident Milbradt über seinen Weggang informiert. Er halte ihn für „einen der besten Politiker, den ich je kennengelernt habe“, schwärmte Raabe noch einmal zum Abschied. Private Gründe – seine Familie lebt in Berlin – seien für seinen Wechsel ausschlaggebend. Aber es seien auch „gewisse Arbeitsabläufe in der Staatskanzlei suboptimal“, vor allem, was Abstimmungsfragen und politische Planung angehe.
Zudem sei er enttäuscht von der „Illoyalität und Indiskretion eines engen Mitarbeiters“, so Raabe. Namen nannte er jedoch nicht. Doch die starken Differenzen zwischen ihm und Vize-Regierungssprecher Andreas Beese, der vor einem Jahr für Koalitionspartner SPD in die Staatskanzlei einrückte, waren bereits seit Monaten ein offenes Geheimnis. Raabe sei vielleicht ein guter Partei-Sprecher, doch kein Sprecher für eine große Koalition, lautete die Kritik von seiten der SPD – und sie wurde immer lauter. Doch auch innerhalb der CDU war die Zustimmung für Raabe zuletzt geschwunden. Raabe sei nie in Sachsen „angekommen“, hieß es. Er habe kein Gespür für den Osten und benutze den Freistaat nur als Karriere-Sprungbrett.
Dass Ex-Regierungssprecher Michael Sagurna für Raabe einspringen könnte – eine Variante, die bereits kursierte – scheidet dagegen aus. Er winkte ab. Am Dienstag war bekannt geworden, dass Sagurna nicht als Regierungssprecher nach Berlin wechselt. „Frau Merkel ist auf mich zugekommen, und wir waren miteinander im Gespräch“, erläuterte der 50-Jährige gegenüber der SZ sein Ausscheiden aus dem Kandidatenkreis. „Am Ende sind wir zwar nicht zusammen gekommen, aber wir können uns weiterhin gut leiden.“
Von Annette Binninger