Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 31.01.2006

Chef-Fahnder gibt auf

Sondereinheit. Die Regierung beendet mit der Beförderung von Claus Bogner einen brisanten Personalstreit.
 
Die Uhr tickte schließlich immer schneller. In spätestens drei Wochen hätte feststehen müssen, ob der Freistaat Sachsen den Chef seiner bundesweit einmaligen Antikorruptionseinheit Ines ziehen lässt oder ob dieser eine zweite Chance bekommt. Nur bis Ende Februar war Claus Bogner noch auf den brisanten Posten abgeordnet, und die eigentlich fällige Verlängerung galt innerhalb der Staatsregierung zuletzt als äußerst heikle Personalie.

Der Grund: Die Ines-Fahnder sind bei vielen sächsischen Politikern längst nicht mehr so wohl gelitten wie vor zwei Jahren, als man die bundesweit einmalige Spezialeinheit stolz aus der Taufe hob. Die Zusammenarbeit von Polizeiexperten und Spitzenjuristen sollte ein Erfolg im Kampf gegen Korruption werden. Doch zu spüren bekamen das inzwischen auch etliche Prominente wie der frühere CDU-Wirtschaftsminister Kajo Schommer, der Dresdner FDP-Oberbürgermeister Ingolf Roßberg oder Leipzigs Ex-Stadtkämmerer Peter Kaminski (CDU). Gegen alle drei ermittelte die 47-köpfige Ines-Truppe eifrig. Dazu kamen zuletzt an die 100 weitere offene Ermittlungsverfahren.

Starker Druck von allen Seiten

Doch vor allem mit dem Fall Schommer, dem man wegen eines hochdotierten Beraterjobs für das Duale System Deutschland Bestechlichkeit vorwirft, gerieten die Korruptionsfahnder erstmals in heftigen politischen Gegenwind. Ein halbes Jahr dauerte es, bis die Akten überhaupt zu Ines kamen, und vor Sommer wird voraussichtlich gar nichts passieren. Der einflussreiche CDU-Fraktionschef Fritz Hähle vermutete in den Ermittlungen der Spezialeinheit gar eine „Hexenjagd“ gegen seinen Parteifreund. Andere Politiker zogen nach – öffentlich oder hinter den verschlossenen Türen des zuständigen Justizministeriums.

Doch Ines und ihr Chef Bogner standen auch anderweitig unter Druck. „Der Hund kann nicht zwei Jahre bellen und dann doch nicht zubeißen“, höhnen inzwischen selbst frühere Unterstützer angesichts der relativen Erfolglosigkeit der Fahnder, deren Arbeit bisher noch zu keiner wirklich spektakulären Verurteilung geführt hat.

Der lange diskutierte Wechsel an der Spitze der Ines-Truppe brachte dann aber ausgerechnet Justizminister Geert Mackenroth (CDU) in die Klemme. Weil dieser wiederholt als kritischer Beobachter der Arbeit der Spezialeinheit auffiel, drohten durch einen per Druck erzeugten Rückzug Bogners nur neue öffentliche Vorwürfe. Der CDU-Minister wollte aber bis zuletzt den Eindruck vermeiden, dass er in dem Fall einen übereifrigen Spürhund gezielt an die Kette nimmt. Indizien dafür gab es längst genug. So hatte Bogner zuletzt aus vermeintlich organisatorischen Gründen sogar das Recht verloren, als Pressesprecher in eigener Sache zu agieren.

Das Ministerium probierte es deshalb erfolgreich mit breiten goldenen Brücken. Bogner bekam intern ein Dreifach-Angebot: weitermachen bei Ines, zurückwechseln in den alten Bereich nach Bautzen oder andere Posten nach Möglichkeit. Der bisherige Antikorruptionschef entschied sich für Letzteres und wechselt als Referatsleiter ins Justizministerium. Vom Papier her eine klare Beförderung.
Von Gunnar Saft

Karl Nolle im Webseitentest
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