Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 12.04.2006

Weißgerber und Jurk streiten um Parteireform

 
Dresden. In Sachsens SPD geht der interne Zwist um die geplante Neuausrichtung der Landespartei in eine neue Runde. Hatte der Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber Landeschef Thomas Jurk bereits vor Wochen hart kritisiert, so legt er jetzt nach. Mit seiner Strukturreform hebele Jurk "den demokratischen Grundkonsens der SPD aus", meint Weißgerber. Und damit dies auch alle mitbekommen, stellt er die Kritik auf seine Internetseite.

Dabei geht der Leipziger hart zur Sache. Von "Einschwörung des Apparates auf den Landesvorsitzenden" ist die Rede, von einem "Putschversuch von oben" und einem Ansatz, "die Partei gleichzuschalten". Sollte sich Jurk durchsetzen, lautet Weißgerbers bittere Mahnung, werde die Sachsen-SPD keine demokratische Mitgliederpartei mehr sein, sondern eine "kaderähnliche Sekte".

Anlass für den öffentlichen Disput ist die Tatsache, dass Jurk die Partei neu aufstellen will - auch, um nach den schlechten Wahlergebnissen Geld zu sparen. Von derzeit zehn Regionalgeschäftsführern sollen vier gestrichen werden, insgesamt soll rund ein Drittel der Stellen wegfallen. Darüber hinaus will Jurk einen neuen "politischen Landesgeschäftsführer" installieren, der die Partei nicht wie bisher verwaltet. Damit soll die SPD "kampagnenfähiger" werden, heißt es in dem Konzept, das Jurk vor kurzem dem Parteirat präsentierte.

Hier musste Weißgerber eine Schlappe hinnehmen. Das Gremium stellte sich mehrheitlich hinter Jurk, segnete sein Konzept mit 23 zu 10 Stimmen ab. Gleichzeitig erhält der Landeschef Rückendeckung von Spitzensozialdemokraten. "Wenn wir den Status Quo erhalten, können wir 2009 keinen Wahlkampf führen", meint der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Martin Dulig. Die Strukturreform sei unumgänglich.

Dabei plant Jurk offensichtlich einen kleinen Coup. Im Gespräch als politischer Landesgeschäftsführer ist ein junger Investment-Banker, den es zurück nach Sachsen zieht. Damit er aber überhaupt kommt, muss die Stelle enorm aufgewertet werden - auch finanziell. Die Rede ist von rund 6000 Euro. Das nährt den Zorn von Weißgerber. "Top-Konditionen bei gleichzeitigem Personalabbau" schimpft er auf das Jurk-Konzept, die SPD sei auf "dem Weg zur Agenturvereinigung". Befeuert wird der Zwist durch alte Verletzungen.

So erhielt Weißgerber im Vorfeld der Bundestagswahlen 2005 keinen guten Listenplatz, musste als Direktkandidat für den Wiedereinzug ins Bundesparlament kämpfen. Das gelang ihm zwar, die Schlappe auf dem Parteitag 2005 in Chemnitz lastet er dennoch der Gruppe um Jurk an. Der eigentliche Grund aber ist ein SPD-interner Richtungsstreit. Während Weißgerber und die Jurk-Vorgängerin Constanze Krehl einen gemäßigt-staatstragenden Parteikurs fahren, gelten Jurk und neuerdings auch sein Staatssekretär Christoph Habermann als eher linke Sozialdemokraten. Und das Wichtigste: Sie haben sich weitgehend durchgesetzt. Weißgerber, meint SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss dazu trocken, sei "ein Mann der Vergangenheit".
Jürgen Kochinke

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: