Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 23.05.2006

Ermittler wieder im Wirtschaftsministerium

 
Dresden. Die Vergangenheit sorgt weiter für Unruhe im sächsischen Wirtschaftsministerium. Am vergangenen Donnerstag waren erneut Ermittler im Ressort von Minister Thomas Jurk unterwegs. Der SPD-Politiker muss eine Suppe auslöffeln, die ihm frühere Spitzenkräfte des Hauses eingerührt haben. Die Staatsanwaltschaft wollte erneut Akten zur umstrittenen Förderung mit Geldern aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) einsehen.

Eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte gestern auf Anfrage den Besuch. Nach ihren Angaben hätten die Ermittler jedoch nichts beschlagnahmt, sondern nur Einsicht in verschiedene Unterlagen genommen. Im Mai 2004 war der Skandal um den Umgang mit EU-Fördermitteln in der Amtszeit von Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) aufgeflogen. Damals wurde bekannt, dass das Ministerium Ende der 90er Jahre unzulässige Fördermaßnahmen bewilligt hatte. Für Projekte der Dresdner Qualifizierungsgesellschaft QMF im Umfeld der Sachsenring AG und des Zentrums für Mikroelektronik Dresden (ZMD) waren insgesamt 26 Millionen Euro bewilligt worden. Als unter Schommer-Nachfolger Martin Gillo (CDU)die Unregelmäßigkeiten entdeckt wurden, waren nach Angaben des Ministeriums bereits 21 Millionen Euro "zu unrecht" ausgezahlt worden. Im weiteren Verlauf der Ermittlungen wurde der frühere Staatssekretär Wolfgang Vehse, der frühere Abteilungsleiter Hans Neufischer und der bis heute aktive Abteilungsleiter Ulrich Schlicht angeklagt. Das Landgericht Dresden muss über die Zulassung der Klage noch entscheiden.

Ende 2005 waren nach den Angaben von Justizminister Geert Mackenroth gegenüber dem Landtag im Zusammenhang mit EU-Fördermaßnahmen des Wirtschaftsministeriums 25 Ermittlungsverfahren anhängig. Mit einem dieser Fälle hängen auch die jüngsten Ermittlungen im Ministerium zusammen. Die Materie ist kompliziert, die Untersuchungen sind langwierig. Dabei hat die Staatsanwaltschaft noch andere Baustellen. So wird noch immer wegen eines Beratervertrags zwischen Ex-Wirtschaftsminister Schommer und dem Entsorger DSD ("Grüner Punkt") wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Schon während seiner Amtszeit hatte Schommer erste Kontakte zu Unternehmensvertretern, nur wenige Wochen nach seinem Ausscheiden kam der Vertrag zustande. Morgen vor einem Jahr hatte es eine Durchsuchung in Schommers Wohnung gegeben.

Während es bei Alt-Kanzler Schröder und seinen fragwürdigen Gasprom-Aktivitäten einen Aufschrei der Entrüstung auch in den Reihen der CDU gab. Warf Sachsens CDU-Fraktionschef im Landtag, Fritz Hähle, der Staatsanwaltschaft im Fall Schommer "politische Hexenjagd" vor. Um ein vermeintliches Loch in der ermittelnden Sondereinheit "Ines" zu entdeckten, wurden die Telefonverbindungsdaten eines Journalisten angezapft, dessen Quellenschutz ignoriert. Ein damaliger Ines-Beamter ist inzwischen angeklagt. Gegen den Ex-Minister, der von "Rufmord" sprach, wird noch immer ermittelt. Die Dresdner Staatsanwaltschaft hofft auf einen Abschluss des Verfahrens bis Ende des Jahres.
Ingolf Pleil

Karl Nolle im Webseitentest
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