Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 29.08.2006

Roßberg: "Ich fühle mich ausgenutzt"

 
Der Radebeuler Anwalt Klaus Voigt, der Zeugenbeistands-Anwalt Thomas Zeeh, dazu ein Referent des Datenschutzbeauftragten Thomas Giesen sowie Thomas Nünninghoff, einst Geschäftsführer des Projektsteuerers GVZ Nordplant - sie alle sollten noch in die "Gerichts-Bütt" gehen. Doch Richter Hans Schlüter-Staats verwarf die entsprechenden Beweisanträge von Roßberg-Anwalt Peter Manthey. Warum auch nicht. Der Angeklagte Ingolf Roßberg (FDP) hatte gestern ab 9 Uhr bis schließlich kurz vor 18 Uhr Zeit, sich zu erklären.

Der suspendierte OB ließ zunächst in knapp zweieinhalb Stunden Vortrag 15 Jahre Kommunalpolitik Revue passieren, warb um viel Verständnis für die Nöte eines OB, der schon zu Radebeuler Zeiten, dann sogar in Wuppertal, schlimmer aber noch seit Amtsantritt in Dresden konsequent vom politischen Gegner CDU verfolgt werde. Auch lag ihm viel daran, mit der Mär aufzuräumen, der Berater und Fluthilfekoordinator Rainer H. Sehm sei sein Kumpel und Freund gewesen. Nein, er habe Sehm zwar vertraut, vor allem dessen kommunikativer Begabung, aber ein Freund sei Sehm nie gewesen. Es habe keinerlei private oder familiäre Kontakte gegeben. Dann räumte Roßberg ein, er sei maßlos persönlich enttäuscht von Sehm. Und: "Es fällt mir schwer, heute gestehen zu müssen, dass ich ihm (Sehm) nie hätte vertrauen sollen." Weiter: "Ich fühle mich ausgenutzt."

Erneut bescheinigte Roßberg Sehm aber "hervorragende" Leistungen im Zusammenhang mit der Beseitigung der Flutschäden, dem Bau der neuen Eissporthalle und der Diskussion um ein neues Dynamo-Stadion. Er habe Sehm ab Ende 2002 als Fluthilfe-Koordinator gebraucht, weil die Verwaltung überfordert gewesen sei. Weil die Arbeit - anders als geplant - zugenommen und Sehm mit Kündigung gedroht habe, sei das Gehalt auf eine in der Projektsteuerer-Branche übliche Höhe angepasst worden. Es habe ihn überrascht, dass der offiziell bei der Simone-Heine-Firma Actor Consulting angestellte Sehm lediglich 2900 Euro erhalten haben soll, erklärte Roßberg treuherzig.

Nicht gewusst haben will Roßberg auch, dass die Firma Cara Immobilien bei der Suche nach Investoren für den Umbau des Erlwein-Speichers tätig war. Firmen-Inhaberin Simone Heine warb laut Richter Schlüter-Staats mit ihrer Nähe zum OB. Das habe sein Referent Ulrich Finger gemanagt. Damit habe er im Detail nichts zu tun gehabt, entgegnete Roßberg.

Den Vorwurf der Vorteilsannahme suchte der 45-Jährige mit Macht zu entkräften. Nein, er habe nie Forderungen an Nünninghoff gestellt. Der frühere GVZ-Nordplant-Geschäftsführerhatte als Zeuge vor Gericht noch ausgesagt, der OB habe sich massiv dafür eingesetzt, dass Sehm einen hochdotierten Beratervertrag bei GVZNordplant erhält. Im Gegenzug für den Vertrag habe sich der OB in derVerwaltung für die Ziele von GVZ engagiert.

Noch bis August 2004 habe der OB gegenüber dem Regierungspräsidium gesagt, Sehm sei hundertprozentig mit Flutdingen beschäftigt. Dabei sei durch verschiedene Zeugen bestätigt worden, dass dem nicht so gewesen sei, hielt Schlüter-Staats Roßberg vor. Materiell könnte es sich damit ab Sommer 2004 um Subventionsbetrug gehandelt haben, dachte der Vorsitzende laut. Das sei nicht furchtbar relevant, aber ein bisschen halt doch.

Staatsanwalt Till Pietzcker interessierte sich für den Bericht des Rechnungsprüfungsamtes vom Juni 2005, in dem gravierende Verstöße gegen das Vergaberecht bei den Sehm-Verträgen aufgelistet sind. Ja, die Anwälte Heinemann und Voigt hätten Korrektur gelesen. Einiges sei ergänzend übernommen worden. "Aber an den Prüffeststellungen ist nichts geändert worden", so Roßberg. Schlüter-Staats fand es verwunderlich, dass der OB selbst den ersten Entwurf nicht erhalten hat, obschon doch nur der OB die Fakten kannte. Das nähre den Verdacht, es sei offenbar nicht um Fachliches, sondern um rechtlich problematische Dinge gegangen.

Wortkarg gab sich am gestrigen Tag einzig der Verteidiger von Sehm, Endrik Wilhelm. "Ich habe keine Fragen", gab er um 17.37 Uhr zu Protokoll. - Der für heute geplante Verhandlungstag fällt aus, die Plädoyers sollen jetzt morgen gehalten werden. Das Urteil könne dann wohl am Montag verkündet werden, sagte Schlüter-Staats abschließend.
Ralf Redemund

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