Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland ND, 07.09.2006

Wahlvorbereitung in der Staatskanzlei

„Sachsen für Sachsen“: Dokument erhärtet Spendenvorwürfe
 
Wegen einer angeblich von der Wirtschaft bezahlten Imagekampagne, die 1999 die Wahlchancen der CDU Sachsen stärken sollte, wurde unlängst ein Ex-Minister angeklagt. Neue Dokumente erhärten die Vorwürfe

Wahlkämpfe werden gewöhnlich in Parteizentralen vorbereitet. Nicht so in Sachsen im Jahr 1999. Im Freistaat wurden für die Werbekampagne der CDU, die mit absoluter Mehrheit regierte und die Alleinherrschaft verteidigen wollte, offenbar auch Ressourcen der Staatskanzlei genutzt, wie ein jetzt aufgetauchtes Papier zeigt.

Bei dem Dokument handelt es sich um ein Argumentationspapier, das laut Verteiler von einer Mitarbeiterin der Regierungszentrale für den Chef der Staatskanzlei erarbeitet wurde – und dessen Anlass ein Artikel im „Neuen Deutschland“ war. Der Text mit der Überschrift „Machtmissbrauch mit System – Biedenkopfs CDU regiert nach dem Motto: Das Gesetz sind wir“ war im Oktober 1998 erschienen. In der Staatskanzlei wurden daraufhin „Überlegungen zu möglichen Gegenargumentationen“ erstellt, die sich vorwiegend um PDS-Positionen drehten. Der Anlass: Man erwartete, dass ähnliche Vorwürfe „mit zunehmender Intensität des Wahlkampfes“ eine immer stärkere Rolle spielen.

Das Papier erhärtet nach Ansicht von André Hahn, parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Landtag, die Vermutung, dass die sächsische Regierungszentrale „für Wahlkampfzwecke und CDU-Parteiarbeit missbraucht worden ist“. Mit Blick auf das Wirtschaftsministerium gibt es ähnliche Vorwürfe inzwischen sogar von der Staatsanwaltschaft. Sie hat unlängst Anklage gegen den damaligen Ressortchef Kajo Schommer (CDU) erhoben. Ihm wird vorgeworfen, „aus parteipolitischen Gründen den Zuschuss der Landesregierung“ für den Kauf des Dresdner Zentrums Mikroelektronik durch die Zwickauer Sachsenring AG (SAG) „erhöht zu haben“.

Die Anklage (ND berichtete) greift Vorwürfe auf, die 2002 zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag geführt hatten. Dabei geht es um die Kampagne „Sachsen für Sachsen“, die vor der Wahl 1999 die Errungenschaften von CDU-Regierung und Freistaat pries. Nach der Insolvenz der SAG hatte deren ehemaliger Manager Ulf Rittinghaus erklärt, die angeblich von der Wirtschaft bezahlte Kampagne sei indirekt durch höhere Fördermittel finanziert worden. Die CDU beteuert, es habe sich um Imagewerbung für das Land gehandelt.

Dokumente, die jetzt der Staatsanwaltschaft vorliegen, erhärten indes den Vorwurf einer langfristig geplanten Wahlkampagne. Es handelt sich um ein Protokoll, das die Bonner Firma InnoVatio vor einem Treffen im März 1999 bei Biedenkopf erstellte. In der Kampagnenskizze geht es eindeutig um den CDU-Wahlkampf. Dieser soll, so das Papier, hauptsächlich durch „indirekte Spenden“ bezahlt werden, die „nicht an die Partei fließen“. Zum „enger Zirkel“, der sich schon in der Frühphase mit der Kampagne befasste, werden neben Schommer und Rittinghaus auch Biedenkopf und Ex-Regierungssprecher Michael Sagurna gezählt.

InnoVatio kam zwar nicht zum Zuge, weil mit „Sachsen für Sachsen“ eine andere Firma beauftragt wurde. Dennoch belegt das Papier für den SPD-Abgeordneten Karl Nolle einen „illegalen Parteispendenskandal der CDU Sachsen“. Auch Hahn sieht neue Beweise dafür, dass die „auf Umwegen steuerfinanzierte Kampagne“ tatsächlich als Wahlkampf für die CDU angelegt gewesen sei. Die Schommer-Anklage sei daher „folgerichtig“. Hahn wirft nun auch Biedenkopf und Sagurna uneidliche Falschaussage vor. Sie hatten im Landtagsgremium einen Zusammenhang mit dem Unions-Wahlkampf bestritten.
Von Hendrik Lasch, Dresden

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