Dresdner Morgenpost, 30.10.2006
Qualifiziert das Versagen im Fall Stephanie für INES?
DRESDEN - Noch vor Weihnachten soll das Urteil gegen den Peiniger der fünf Wochen verschleppten Stephanie (14) fallen. Heimlich wollte dagegen Innenminister Albrecht Buttolo (56, CDU) zuschlagen und servierte Dresdens Kripo-Chef Bernd Nüßgen (54) eiskalt ab Strafversetzung zu INES.
Die Morgenpost am Sonntag hatte gestern exklusiv über die heikle Personalie berichtet. Und prompt reagierte die Politik. Denn die pannenbegleiteten Ermittlungen hatten über Wochen für jede Menge Gesprächsstoff und Schuldzuweisungen gesorgt.
Für PDS-Landes-Chefin Cornelia Ernst (49) ein längst überfälliger Schritt: „Wir haben von Anfang an Konsequenzen gefordert, die eigentlich schon viel früher hätten gezogen werden müssen. Ich glaube, diese Entscheidung ist ein deutliches Zeichen in die Polizei hinein."
Schärfer wäscht SPD Schwergewicht
Karl Nolle (61) nach: „In dem ganzen Fall hat die Führung der Polizei kläglich versagt. Die Entscheidung kommt viel zu spät. Die Ermittlungen haben vor Inkompetenz nur so gestrotzt. Eine einzige Katastrophe."
Jürgen Martins (47), innenpolitischer Sprecher der FDP, poltert: „Der Innenminister hat äußerst spät gehandelt. Ob das Versagen zudem für INES qualifiziert, darf bezweifelt werden."
Auch die betroffene Familie des Mädchens lässt über ihren Opferjuristen Thomas Kämmet (40) ausrichten: „Wenn der Grund für die Versetzung die Ermittlungsskandale im Entführungsfall sind, ist die Maßnahme doppelt unzureichend. Sie kommt zu spät und trifft nur ein Bauernopfer. Wir haben ganz andere Namen auf unserer Rücktrittsliste. Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken."
Übrigens sickerte mittlerweile bereits die nächste Personalentscheidung durch. Rolf Schlotterer, umstrittener Dezernatsleiter von INES, muss ebenso gehen - und zwar ziemlich weit weg. Wie das Innenministerium bestätigte, soll er in Rumänien das Aufbauprojekt einer Antikorruptionseinheit begleiten. rok/tf