Dresdner Morgenpost,, 10.12.2006
Nach turbulenter SPD-Tagung in Oschatz: Jurk bleibt Parteichef
OSCHATZ -Lust und Frust: Sachsens SPD wählte sich gestern in Oschatz eine neue Führung. Thomas Jurk (44) wurde mit großer Mehrheit wieder zum Parteichef gewählt. Neu-Generalsekretär Andreas Weigel (42) aber bekam eine dicke Watsche. Dazwischen lag ein heftiger Streit um die Frauenquote.
Kurz vor 15 Uhr wird es still im Saal des Thomas-Müntzer-Hauses in Oschatz. 69 Ja-Stimmen für Andreas Weigel. Das sind nur 53 Prozent für den neuen Generalsekretär, auf den Jurk so viele Hoffnungen setzt. Weigel nimmt die Wahl tapfer an. Das Ergebnis schmerzt, aber er hat geahnt, dass es eng werden würde. Denn zuvor waren die Delegierten in einen heftigen Streit um die Mann-Frau-Quotenregelung für Kandidatenlisten zu Landtags- und Bundestagswahlen geraten.
Die Basis forderte, die Quote künftig konsequent umzusetzen, obwohl nur ein knappes Viertel der 4.700 Sachsen-SPD-ler Frauen sind. Der Vorstand empfahl, auch Sachverstand zu berücksichtigen. Besonders Weigel warf sich dafür in die Bresche und erntete Buhrufe. Am Ende gewann die Basis und Weigel verlor Stimmen. „Mich wundert immer wieder, wie nachtragend die Partei ist", sagt Jurk. Er hatte Glück, wurde bereits vor der Quoten-Diskussion mit 85,5 Prozent wieder zum Parteichef gewählt.
Die Gewinnerin des Tages aber ist seine neue Stellvertreterin: Petra Köpping (48), Landrätin im Leipziger Land, holte aus dem Stand 94,5 Prozent. Der ewige Stellvertreter Rolf Schwanitz (47) musste sich mit 66,4 Prozent zufrieden geben. „Ein sehr ordentliches Ergebnis", sagte Jurk. „Ich bin damit überaus zufrieden." Das konnte er auch sein. Schließlich war es seine erste Wiederwahl nach dem verheerenden SPD-Ergebnis bei der Landtagswahl 2004. 9,8 Prozent - ein historisches Tief.
Trotzdem darf die Partei seitdem im Freistaat mitregieren. Und darauf ist sie stolz. „Wir stehen erhobenen Hauptes in dieser Koalition", rief Jurk den 130 Delegierten zu. Die aber verweigerten ihm am Nachmittag ein weiteres Mal die Gefolgschaft: Der Antrag
Karl Nolles, Über-45-Jährigen künftig länger Arbeitslosengeld zu zahlen, wurde mit großer Mehrheit angenommen. Noch vor drei Tagen hatte die Parteiführung dieser an CDU-Mann Jürgen Rüttgers angelehnten Idee keine Chance eingeräumt.
Von Stefan Locke