Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 23.01.2007

„König Kurt“ legt nach

Landtag. Im Skandal um die Landesbank bekräftigt Ex-Regierungschef Kurt Biedenkopf seine Vorwürfe gegen Milbradt.
 
Der große Auftritt ist dem kleinen „König Kurt“ sicher. Und das Blitzlicht-Gewitter der Fotografen pariert der Ex-Ministerpräsident routiniert wie in alten Amtszeiten. Langsam betritt der Mann mit dem schlohweißen Haar den Raum A 300 des Landtags, lächelt freundlich in die Runde des Untersuchungsausschusses, plaudert mit ein paar noch immer ehrfurchtsvoll ergriffenen Unionspolitikern. Der Anwalt Biedenkopf vertritt sich heute selbst; entspannt, mit diesem triumphierenden „Das-hab-ich-doch-schon-immer-gesagt“-Lächeln im Gesicht wartete der prominente Zeuge gestern, bis er das Wort erhielt. Dann wiederholte „König Kurt“ erwartungsgemäß seine Vorwürfe gegen seinen „Thronfolger“ Georg Milbradt in der Landesbank-Affäre. Schon vor zwei Jahren hatte er die ihm in einem an die Öffentlichkeit („ohne mein Wissen“) lancierten „vertraulichen“ Brief ins Gesicht geschlagen. Jetzt legte er überraschend noch mal kräftig nach.

Vertrauliche Gespräche

Zweimal habe er mit Milbradt über die Probleme der Bank und ihrer Tochter, die Mitteldeutsche Leasing AG (MDL), gesprochen; im Dezember 2003 und im Frühjahr 2004. Er habe sich als „eine Art Vermittler“ gesehen. Vor allem den Streit um den Wert der MDL-Anteile der Tutzinger IIL GmbH von Ludwig Hausbacher habe er „einzufangen“ versucht, gestand Biedenkopf Parteinahme für Hausbacher ein, der später eine Millionen-Klage gegen den Freistaat einreichte – und für den Bikos Schwiegersohn Andreas Waldow tätig ist.

Fast drei Jahre hatten sich die beiden Parteien über die Zukunft der gemeinsamen Leasing-Tochter gestritten, bevor sie schließlich unter Andrea Braun – der Lebensgefährtin von Landesbank-Vorstand Michael Weiss – still liquidiert wurde. Die MDL hätte heute ein „veritables Leasingunternehmen“ sein können, bedauerte Biedenkopf. Die Berufung von Frau Braun als Alleinvorstand habe gegen das Vier-Augen-Prinzip bei Banken verstoßen, das eine Doppelspitze vorziehe. Die Vorstände Weiss und Rainer Fuchs hätten versucht, Hausbacher „auszubooten“, so Biedenkopf. Die beiden Banker hätten ohnehin „nicht die Wahrheit“ gesagt. Überhaupt habe das Verhalten von Weiss „jede Phantasie gesprengt“, attackierte der Ex-Regierungschef scharf den seit Frühjahr 2005 bei vollen Bezügen beurlaubten Vorstand. „Wenn ich Ministerpräsident gewesen wäre, wäre diese Bedingung sicher nicht erfüllt worden.“ Dies aber, das belegt ein neu aufgetauchter Brief von Weiss an Finanzminister Horst Metz (CDU), hatte Weiss als Bedingung für eine Zustimmung zu seiner offenbar voreiligen, rechtlich unabgesicherten Abberufung durch Milbradt im Landtag gemacht.

Fuchs habe „mitgewirkt“ an der Dokumentenfälschung, so Biedenkopf. Schon das hätte als Entlassungsgrund ausgereicht. Und auch den erst vor wenigen Wochen zustande gekommen Vergleich zwischen Bank und Hausbachers IIL hätte man „wesentlich früher haben können“, attackierte Biedenkopf die Staatsregierung. Es sei „allgemein üblich“, sinnierte Biedenkopf, dass man politische Verantwortung auch dann einfordere, wenn ein Amtsträger zwar nicht persönlich, aber sein Verwaltungsstab informiert seien. „Man trägt auch Verantwortung ohne Verschulden.“ Auf die Namensnennung von Milbradt und Metz verzichtete er dabei. Aber ein Finanzminister müsse ja über die Vorgänge in der Landesbank voll informiert sein. „Und wenn‘s Probleme gibt, dann auch der Regierungschef – so war‘s jedenfalls bei mir.“

Schaden in Millionenhöhe

Der Landesbank sei ein „erheblicher Schaden“ entstanden. Berechnungen des SPD-Obmanns Karl Nolle, der von rund 600 Millionen Euro sprach, schloss er sich aber nicht an. Nolles Informationen zufolge hatte Staatssekretärin Andrea Fischer (CDU) Fuchs sogar noch einen Vorstandsposten bei der Quirin-Bank angeboten. Die Staatskanzlei wies den Vorwurf zurück.

Die CDU tauchte gestern völlig ab („wir haben keine Fragen“) und kam mit der FDP zum Fazit, es gebe „keine neuen Erkenntnisse“. Doch die PDS sieht Milbradt „schwer belastet“. Und auch die Grünen zweifeln an bisherigen Aussagen. Karl Nolle aber genoss Lob von ungewohnter Seite. „Sie sind ein Schlitzohr und haben Ihre Arbeit gut gemacht“, meinte Biedenkopf nach der Sitzung zu dem SPD-Mann.
Von Annette Binninger

Karl Nolle im Webseitentest
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