Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 26.01.2007

Ein Elefant mutiert zur Mücke

Skandal um die Sachsen LB: Staatsanwaltschaft zieht Anklage zurück
 
Dresden (DNN). Aus Mücken können manchmal ausgewachsene Elefanten werden. Dass ausgewachsene Elefanten zu Mücken mutieren, ist eher selten. Aus einer Anklage vor einer Großen Strafkammer des Landgerichts Dresden ist jetzt ein kleiner, bescheidener Strafbefehl über 90 Tagessätze geworden. Exakt die Grenze, die dem Delinquenten das Recht gibt, sich öffentlich als nicht vorbestraft zu bezeichnen. Obwohl die Geldstrafe natürlich in das Bundeszentralregister eingetragen wird.

Nachdem 2006 die Streitigkeiten zwischen der Sächsischen Landesbank und ihrem ungeliebten Geschäftspartner Industrie- und Immobilien Leasing AG (IIL) mit einem fast 15 Millionen Euro schweren Vergleich aus dem Weg geräumt wurden, hat jetzt die Staatsanwaltschaft Dresden auch einige strafrechtliche Aspekte des Skandals um die Sachsen LB bereinigt.

Wir erinnern uns: Im Dezember 2004 wollte die Sachsen LB vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden im Rechtsstreit mit der IIL um die gemeinsame Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) mit einer rückdatierten Urkunde punkten. Dr. Christoph S., Top-Manager der Sachsen LB, bestätigte als Zeuge die Echtheit der unechten Urkunde. MDL Chefin Andrea Braun saß im Zuhörerraum. Die Fälschung kostete die Vorstände der Sachsen LB Michael Weiss und Rainer Fuchs im Februar 2005 den Kopf. Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen die Akteure vor dem OLG und erhob schließlich wegen der besonderen Bedeutung des Verfahrens Anklage vor dem Landgericht. S. wurde uneidliche Falschaussage vorgeworfen, Braun Beihilfe zur uneidlichen Falschaussage. Haftstrafen mit Bewährung sollen im Raum gestanden haben.

Im November 2006 wollte die 4. Große Strafkammer den Prozess eröffnen. Doch es fehlte eine ladungsfähige Anschrift von Braun. Die frühere MDL-Chefin lebt mit Weiss auf der sonnigen Ferieninsel Zypern. Anfang des Jahres nahm die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen S. zurück. Und beantragte besagten Strafbefehl beim Amtsgericht, wie Sprecher Christian Avenarius bestätigte. „Er hat ein umfassendes Geständnis abgelegt, das diesen Antrag rechtfertigt."

An der Anklage gegen Braun hielt die Staatsanwaltschaft fest. Das Landgericht fühlte sich nicht mehr zuständig und eröffnete das Verfahren vor einem Strafrichter des Amtsgerichts. Ob Braun sich auf die Anklagebank setzen muss, dürfte fraglich sein. „Wir sind frohen Mutes, dass es gar nicht erst zum Prozess kommt", sagte ihr Verteidiger Stefan Heinemann auf DNN-Anfrage.

Zum Prozess kommt es dagegen am Dienstag vor dem Verwaltungsgericht Dresden. Der frühere Bankvorstand Rainer Fuchs ist verärgert über Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), der vor dem Landtag erklärt hatte, die Bankvorstände hätten um ihre Abberufung gebeten. „Wir sind gefeuert worden", weiß es Fuchs besser und zieht gegen die Worte des Regierungschefs ins Feld. Das dürfte dann wohl das letzte Verfahren im Zusammenhang mit dem Skandal um die Sachsen LB sein. Vorerst zumindest.
Thomas Hartwig

Karl Nolle im Webseitentest
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