Sächsische Zeitung, 21.04.2007
Die CDU verlangt von der SPD ein Bekenntnis zur Koalition
Der Fehdehandschuh ist geworfen und liegt wieder mal im Kampfring der Regierungskoalition. Das wäre noch nichts Neues in der schwarz-roten Landesregierung. Doch gestern stellte die CDU sichtlich genervt vom Streit um das Hochschulgesetz und die Dresdner Waldschlößchenbrücke quasi die Vertrauensfrage.
„Billiger Populismus“ sei das, was die SPD im Streit um die Dresdner Waldschlößchenbrücke betreibe, kritisierte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer gestern scharf. Er forderte die SPD nahezu ultimativ auf, sich „in den nächsten Tagen“ zu äußern, ob sie die Koalition überhaupt noch wolle. Im Auftrage seines Chefs, Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), biss Kretschmer sodann den Genossen weiter genüsslich in die roten Waden. Schimpfte auf die Unzuverlässigkeit der SPD. Die halte sich nicht an Absprachen. Vize-Ministerpräsident Thomas Jurk (SPD) könne seine Leute nicht zusammenhalten. Er versuche, sich innerhalb der Regierung zu profilieren statt über die Partei. Die CDU habe des öfteren die „Irrungen und Wirrungen ihres kleinen Koalitionspartners ausgeglichen“, meinte Kretschmer. „Aber wir leben nicht in einer Bananenrepublik.“ Ein Gespräch im „engsten Kreise“ solle die Situation klären. Und: Die CDU wolle die Koalition bis 2009. Neuwahlen strebe sie nicht an.
SPD ohne Krisenmanagement
Während die Union gestern kurzerhand per SMS zur Pressekonferenz eingeladen hatte, dauerte es Stunden, bis die SPD den Ernst der Situation erkannt hatte und reagierte. „Es muss der Koalition erlaubt sein, für eine vernünftige Lösung bei der Waldschlößchenbrücke einzutreten und beim Hochschulgesetz die Interessen der Arbeitnehmer sicherzustellen“, teilte Jurk in einer Pressemitteilung mit. „Das muss die CDU aushalten.“ Und im Übrigen: „Ich stehe zu dieser Koalition.“ Unterstützung erhielt er von SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss. „Wir wollen diese Koalition, aber nicht um jeden Preis“, stellte er klar. Zugleich warnte er die CDU davor, den Druck auf die SPD weiter zu erhöhen. „Man darf nicht einmal ein Tier in die Ecke treiben, sonst wird es bissig.“
Der Krach um die Hochschulen und um die Dresdner Brücke sind nur zwei Themen im ständigen koalitionsinternen Gezerre. Die Nerven liegen blank. Und der kleinste Funke genügt zur Eskalation. Gemeinsam hatten die beiden ungleichen Partner noch den Doppelhaushalt, Schulfragen, neue Ladenöffnungszeiten und sogar die Verwaltungsreform auf den Weg gebracht. Doch mittlerweile türmen sich auf der Soll-Seite der Regierung mehr und mehr ungelöste Sachfragen, die der eine oder der andere Koalitionspartner zu blockieren versucht.
So war kürzlich erst Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) mit seinem neuen Energieprogramm von Milbradt in letzter Sekunde rüde ausgebremst worden. Die Retourkutsche erlebt die CDU nun im Justizbereich: Die von ihr geplante Verschärfung des Versammlungsrechts zum Schutz sensibler historischer Orte vor braunen Aufmärschen hat die SPD bereits intern abgelehnt. Einen entsprechenden Gesetzentwurf von Justizminister Geert Mackenroth (CDU) schickten die Genossen, wie gestern bekannt wurde, postwendend mit einem klaren Nein wieder zurück. Auch das neue Strafvollzugsgesetz, wie von Mackenroth gewünscht, wird es mit der SPD bis 2009 nicht geben. Und die geplante Ausweitung der DNA-Speicherung könnte auf der Strecke bleiben. Auch bei der Exzellenzinitiative für die Hochschulen soll es neue Probleme geben.
Heftige Kritik der Opposition
Scharfe Kritik am schwarz-roten Regierungstheater übt unterdessen die Opposition. „Die Regierungsunfähigkeit dieser Koalition nimmt immer groteskere Züge an“, schimpfte PDS-Finanzexperte Ronald Weckesser.
Die FDP forderte Ministerpräsident Milbradt sogar auf, Jurks „politischen Amoklauf“ in der Brücken-Frage zu stoppen und ihn zu entlassen. Und die Grünen stellten, passend zu diesem Tage, kurzerhand die Koalitionsfähigkeit der CDU infrage.
Von Annette Binninger