Sächsische Zeitung, 19.05.2007
„Die Justiz ist nicht korrupt“
Herr Mackenroth, Medienberichte erwecken den Eindruck, Sachsen versinkt in einem mafiösen Sumpf. Ist dem so?
Mir ist derzeit nicht bekannt, was der Verfassungsschutz über organisierte Kriminalität im Freistaat zusammengetragen hat. Aber ich kann nicht erkennen, dass sich hier krebsartig kriminelle Geflechte ausbreiten, in die hochrangige Polizisten und Juristen verstrickt sind, wie gelegentlich vermittelt wird. Im Übrigen relativiert sich das ja mittlerweile, und für die Justiz ist allenfalls noch von einem ehemaligen Staatsanwalt die Rede.
Mit dem soll ein sogenanntes Sensibilisierungsgespräch im Justizministerium geführt worden sein. Ist Ihnen das bekannt?
Ich weiß nicht, was ein solches Sensibilisierungsgespräch sein soll. Wenn darin die neuerdings erhobenen Vorwürfe zur Sprache gekommen sein sollen, halte ich ein solches Gespräch in meinem Ministerium für ausgeschlossen. Hätte der Verfassungsschutz darauf hingewiesen, dass ein Staatsanwalt in organisierte Kriminalität verstrickt sein soll, dann wäre das so brisant, dass es der Spitze des Hauses mitgeteilt worden wäre. Mir ist davon nichts bekannt. Sicher war auch der betreffende Kollege in den letzten Jahren mal aus völlig anderem Anlass im Justizministerium, aber nicht weil er „sensibilisiert“ wurde.
Gibt es in Ihrer Amtszeit Hinweise aus dem Verfassungsschutz, dass Richter oder Staatsanwälte in kriminelle Machenschaften verstrickt sein könnten?
Mir ist kein einziger solcher Hinweis bekannt. Im Übrigen möchte ich entschieden dem Eindruck entgegentreten, dass in der sächsischen Justiz etliche korrupte oder erpressbare Richter und Staatsanwälte tätig seien und eine rechtsstaatliche Aufarbeitung der im Raum stehenden Vorwürfe nicht möglich sei. Das versuchen wohl die PDS und der Publizist Jürgen Roth zu vermitteln. In Wahrheit ist Sachsen ein wehrhafter Rechtsstaat, der mit solchen Vorwürfen fertig wird und sie schnell und gründlich aufklärt. Daran ändert auch nichts, dass es – wie überall – durchaus Verfehlungen Einzelner geben kann. Jeder Bürger in Sachsen kann an die Justiz und auch an mich herantreten, wenn er den Verdacht auf eine Straftat hat, dann wird dem nachgegangen.
Wie wird die Antikorruptionseinheit Ines verstärkt, um Erkenntnisse des Verfassungsschutzes bearbeiten zu können?
Ich kann jetzt noch nicht sagen, wie viele zusätzliche Stellen Ines erhalten wird. Wir zäumen das Pferd nicht beim Schwanz auf. Erst müssen wir sehen, welche Akten der Verfassungsschutz dem Generalstaatsanwalt übergibt. Dann schätzen wir ab, welche Kräfte und Mittel wir für die zügige und gründliche Bearbeitung brauchen, und diese Ressourcen erhält Ines auch.
Was erwarten Sie denn an Akten aus dem Verfassungsschutz?
Na, so viele wie möglich. Sicher muss der Verfassungsschutz seine Quellen schützen, insofern erwarte ich nicht alle Aktenseiten. Aber nur mit ein paar zusammenfassenden Berichten kann die Staatsanwaltschaft wenig anfangen.
Das Gespräch führte Thomas Schade.