Karl Nolle, MdL

Jürgen Roth, 23.05.2007

Der Sachsensumpf V + Polizei- und Politikskandal in Sachsen Teil VI

Themen aus dem Buch von Jürgen Roth, "Anklage unerwünscht", dass im Eichborn-Verlag Anfang September erscheinen wird.
 
20. Mai 2007 Teil V
Ich bin gerade in der Türkei, in Istanbul, weit entfernt von den Ereignissen in Sachsen. Als Teilnehmer eines von der UN gesponserten Treffens mit osteuropäischen Journalisten, die sich schwerpunktmäßig mit Untersuchungen zur Organisierten Kriminalität in ihren Ländern beschäftigen. Diskutiert wird über die Möglichkeiten, Korruption und mafiose Systeme durch Aufklärung in den jeweiligen Medien zu bekämpfen. Korrupte Politiker, Staatsanwälte und Richter – in ihren Heimatländern ist es immer noch Alltag. In Albanien ist der ehemalige Premierminister der größte Drogenhändler und wird wahrscheinlich Staatspräsident werden, in Bosnien kennt man nur den „schlafenden Schwarz-Schilling“, in Bulgarien wird der „politische Al Capone'" Borrisow mit großer Sicherheit Premierminister.

Momentan ist Kaffeepause, und ich komme dazu, mir meine Notizen über die heile Welt in Sachsen durchzusehen. Da finde ich doch einen interessanten Vermerk, den ich einst aus den bekannten Akten abgeschrieben habe. Demnach sollen zwischen November 2001 und Februar 2002 staatsanwaltschaftliche und/oder polizeiliche Ermittlungen in Leipzig gegen die Beschuldigten T.E., S.M. und R.W. geführt worden sein. Demnach sollen „Zigeuner-Kinder“ im Alter zwischen acht und zehn Jahren aus Tschechien nach Sachsen in eine Leipziger Wohnung gebracht und danach sexuell missbraucht worden sein. Es sei sogar geplant gewesen, die Kinder regelmäßig auszutauschen, um den Freiern immer Frischfleisch zur Verfügung zu stellen. Dabei habe die Staatsanwaltschaft Leipzig, so ist zu lesen, Maßnahmen wie Telefonüberwachung und Personenobservationen eingeleitet. Wollte es zumindest.

Aber ein Staatsanwalt habe aufgrund seiner guten Kontakte zu Leipziger Rechtsanwälten und Personen des Rotlichtmilieus zwischen und 1. März 2002 und 31. Mai 2002 die Verdächtigen über geplante Maßnahmen informieren lassen. Und dann ist in einem anderen Vermerk von „Sexpartys“ die Rede, an denen – na sagen wir mal – höchste Verantwortliche der Stadtverwaltung Leipzig beteiligt gewesen sein sollen. Und das begann bereits im Jahr 1993 und setzte sich demnach bis 2005 fort. Einer der Beteiligten sei inzwischen nach Berlin umgezogen. Immerhin hielt der Verfassungsschutz diese Vorwürfe für so glaubhaft um einen Vermerk im Zusammenhang mit „Abseits“ anzufertigen.

Und dann der Fall Klockzin. Da seien im Verlauf der Ermittlungen mehrfach die Namen von M.S. und J.S. als Auftraggeber des Anschlags gefallen. Aber es seien keine weitergehenden Überprüfungs- und Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt worden. Dafür habe ein bedeutender Staatsanwalt aus Leipzig „mit gezielten Einflussnahmen“ gesorgt. Aber jetzt ist die Kaffeepause zu Ende und ich möchte gerne zuhören, wenn die Kolleginnen und Kollegen über ihre Erfahrungen in Bezug auf Korruption und Organisierte Kriminalität in Albanien, Rumänien, Bulgarien oder Bosnien sprechen. Und morgen geht es zurück – in die heile Welt nach Frankfurt.


22.Mai 2007 Teil VI
Kaum aus Istanbul zurück lese ich in den Zeitungen, dass immer noch danach gesucht wird wann und mit wem ich im sächsischen Innenministerium gewesen war. Und viele Anrufer bei mir, die sagen sie seien Journalisten, wollten das auch wissen. Zur Erinnerung: Ich habe bekanntermaßen gute Beziehungen zur Polizei. Insbesondere zu einigen führenden Kriminalbeamten, die im Bereich Organisierter Kriminalität arbeiten und die beiden Politiker auch. Und so ergab sich, dass wir an einem trüben Herbsttag einen klugen Weg gefunden hatten, damit ich mir Akten anschauen konnte.

Unter diesen Akten waren keine, soweit ich mich erinnere, die nach dem Urteil des Verfassungsgerichts erhoben wurden. Die würde ich auch gerne kennen. Aber Akten dürften darunter gewesen sein, die nicht der Staatsanwaltschaft bzw. jetzt anderen Stellen - geschwärzt - übergeben werden.

Und was den Vorwurf wegen Geheimnisverrat gegen Unbekannt angeht: Wenn in dem Umfang wie in Sachsen die demokratische Verfassung und die Rechtsstaatlichkeit verletzt wurde, die das Vertrauen der Bürger in ihren Staat erschüttern, dann ist es die vornehmste Aufgabe eines jeden Bürgers auf diese Mißstände aufmerksam zu machen. Sie verdienen eigentlich das Bundesverdienstkreuz und keine Hexenjagd. Aber so ist es halt schon immer in Sachsen gewesen- verschleiern und vertuschen und V-Leute verbrennen, wir mir heute ein Gewerkschaftsvertreter einer Bundespolizeibehörde sagte.


http://www.cyril-schirmbeck.com/juergenroth/nachrichten.php

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: