DNN/LVZ, 25.05.2007
„Beziehungsgeflecht von Bekanntschaften”
OK-Affäre: Geheimdienst-Kontrolleur Brangs (SPD) fordert schonungslose Aufklärung
Dresden (DNN). Bisher hat er sich meist zurückgehalten, jetzt geht er in die Offensive: Stefan Brangs, SPD-Landtagsabgeordneter und parlamentarischer Kontrolleur der Verfassungsschützer, fordert in der Affäre um die Organisierte Kriminalität (OK) in Sachsen Konsequenzen. „Wir müssen die Fälle schonungslos aufklären", sagt Brangs, „unabhängig von Personen und Parteien". Dazu müssten die Akten des Landesamtes für Verfassungsschutz zu kriminellen Netzwerken ungefiltert an die Staatsanwaltschaft gehen. Lediglich jene Passagen, die Rückschlüsse auf Informanten geben, müssten geschwärzt werden.
Dabei weiß Brangs, wovon er redet. Als Mitglied der geheimen Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) gehört er zu jener Hand voll Abgeordneten, die die Akten selbst gelesen haben. Auch deshalb wendet er sich gegen den Vorschlag aus dem Justizministerium, dass lediglich ein einziger Staatsanwalt das Material zu bearbeiten habe. „Die gesamte Tragweite kann man nur erkennen, wenn man alle Akten gesichtet hat", sagt Brangs. Ein Ermittler sei bei fast 100 Aktenordnern zu wenig. Im Gegenteil müsse das Personal aufgestockt werden.
Zu den brisanten Inhalten darf Brangs – Stichwort Geheimnisverrat – nichts sagen. Lediglich auf einen Aspekt weist er hin: Es existiere ganz offensichtlich ein „Beziehungsgeflecht von Bekanntschaften" , im Justiz- und Polizeibereich, das sei „ein Problem". Ein Grund dafür sei unter anderem, dass in der Justiz Richter und Staatsanwälte häufig hin und her wechselten, was „Rollenkonflikte" auslösen könne. Von SPD-Seite hatte sich zuvor bereits Fraktionschef Cornelius Weiss für Aufklärung ausgesprochen und selbst einen Untersuchungsausschuss nicht ausgeschlossen. Dabei werden die Sozialdemokraten von der Sorge umgetrieben, dass gerade in Leipzig auch SPD-Politiker in die Affäre verstrickt sind.
Unterdessen drückt die Linkspartei aufs Tempo. Gestern kündigte die Fraktion in Dresden an, sie werde in Kürze eine Sondersitzung des Landtags zur Affäre beantragen. Dort wolle sie darauf drängen, dass ins Visier geratene Beamte sofort suspendiert werden – so lange, bis die Vorwürfe gegen sie geklärt sind. Ebenfalls dürften die Betroffenen nicht an den Ermittlungen beteiligt sein.
Jürgen Kochinke