Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung online, 26.05.2007

Geheimakten belasten Juristen

Sachsens Spezialeinheit „Ines“ prüft die Vorwürfe von Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch.
 
Die Aufarbeitung der geheimen Verfassungsschutzakten, die Hinweise auf massive Verfehlungen von Politikern, Beamten und Juristen enthalten sollen, hat begonnen. Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm erhielt dafür am Freitag ein 20-seitiges Dossier (plus 20 Seiten Anlage), in dem die Erkenntnisse des Geheimdienstes über den ersten von fünf Ermittlungskomplexen zusammengefasst sind. Nach SZ-Informationen betreffen die darin enthaltenen Vorwürfe mehrere Juristen. Der regionale Schwerpunkt liegt in Leipzig. Einige der monierten Vorgänge sollen bis ins Jahr 2006 reichen.

Ein vierköpfiges Expertenteam der Antikorruptionseinheit „Ines“ soll nun zügig den Hinweisen des Geheimdienstes nachgehen. Aus Sicht der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtages sind dabei brisante Enthüllungen zu erwarten. Das Gremium, das die Arbeit des Verfassungsschutzes kontrollieren soll, bekam am Freitag noch vor Schwalm Einsicht in die Unterlagen. Die fünf PKK-Mitglieder reagierten danach mit ungewöhnlich drastischen Forderungen. So wurden Justizminister Geert Mackenroth und Innenminister Albrecht Buttolo (beide CDU) aufgefordert, die in dem Dossier erwähnten Personen bis zur Klärung der Vorwürfe sofort zu suspendieren. Zudem verlangt die Kommission, dass Sachsen das Bundeskriminalamt in die Ermittlungen einschaltet.

Die PKK drängt zur Eile und warnte am gleichen Tag, dass die Klärung der „strafrechtlich relevanten Vorgänge“ absolute Priorität haben muss, da in einzelnen Fällen schon bald eine Verjährung droht. Die PKK wird zudem künftig kontrollieren, welche Schwärzungen der Verfassungsschutz zur Absicherung seiner Quellen in den insgesamt fast 16000 vorhandenen Aktenseiten vornehmen darf, bevor diese der Justiz übergeben werden. Die steht nun aber vor einem Problem: Gerade die Suspendierung von Richtern und Staatsanwälten ist gesetzlich an strenge Voraussetzungen geknüpft. Über eine Dienstenthebung entscheidet letztlich das sogenannte Richterdienstgericht. Wenn Eile geboten ist, kann der Vorgesetzte einen Beamten vorläufig suspendieren. Das ist aber nur möglich, wenn der Betroffene wegen einer schweren Verfehlung voraussichtlich aus dem Dienst entfernt werden muss, die Ermittlungen behindert werden oder es zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Dienstgeschäfte kommt. Nicht jedes beliebige Gerücht rechtfertigt eine vorläufige Suspendierung – die Anschuldigungen müssen glaubhaft sein, erläuterte der Sprecher des Justizministeriums, Martin Marx.

Bis Freitagabend waren jedoch noch keine förmlichen Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die zunächst nur öffentlich erhobenen Vorwürfe gegen einen ehemaligen Leipziger Staatsanwalt würden aber geprüft, so Christian Avenarius, Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft. Über die mögliche Einleitung von Strafverfahren werde die Öffentlichkeit informiert, „sobald wir es verantworten können“.
Von Gunnar Saft, Karin Schlottmann und Thomas Schade

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