Lausitzer Rundschau, 29.05.2007
88 000 Menschen sind alkoholabhängig
Sachsen hat die meisten Alkohol-Toten
Dresden. Bundesweit nimmt Sachsen neben Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern bei der Anzahl der alkoholbedingten Sterbefälle einen Spitzenplatz ein: Um mehr als 60 Prozent liegt der Freistaat damit über dem Bundesdurchschnitt, das sind doppelt so viele alkoholbedingte Sterbefälle wie in Nordrhein-Westfalen.
„Alkoholismus ist ein soziales Problem. Das zeigen die Zahlen. Viele trinken weniger oder gar nicht mehr, weil sie immer mehr aufgeklärt sind, während andere umso mehr trinken und sich so stark gefährden“, erklärt Olaf Rilke, Leiter der Landesstelle für Suchtgefahren in Sachsen.
Es sind vor allem einzelne Zahlen, die alarmieren. So verweist das Sozialministerium auf die Entwicklung von Alkoholvergiftungen unter Jugendlichen: Mussten 2003 noch 487 junge Patienten stationär behandelt werden, waren es 2005 bereits 701.
Anni Seifert von der ambulanten Suchtkrankenhilfe Chemnitz sagt, der Zusammenhang von sozialem Abstieg und Suchtverhalten werde ihr jeden Tag vor Augen geführt: „Es kommen immer mehr. Die meisten sind arbeitslos. Sie leben von den Geldern, die ihnen mit 'Hartz IV' bleiben und sind hoffnungslos.“
Nach einer Erhebung des sächsischen Gesundheitsministeriums auf der Grundlage bundesweiter Zählungen sind in Sachsen rund 88 000 Menschen alkoholabhängig, rund 540 000 Sachsen trinken Alkohol in einer Besorgnis erregenden Menge. Die Diakonie, die landesweit rund 13 000 Süchtige betreut, rechnet damit, dass etwa die Hälfte der Süchtigen Empfänger von Arbeitslosengeld II sind.
Schwierigkeiten sieht der Chef der Landesstelle für Suchtberatung in der Finanzierung der Therapien: „Einige Krankenkassen zahlen nur sieben Tage Entgiftung, andere 21.“ Obwohl sich die Investition für die Kasse bei einem Behandlungserfolg finanziell lohnen würde. (ddp/mb)