Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 18:32 Uhr, 31.05.2007

Korruptionsaffäre - Richter aus Baden-Württemberg als Beobachter nach Sachsen abgestellt

Harms prüft Unterlagen
 
Dresden (ddp-lsc). In der Affäre um angebliche Verbindungen sächsischer Politiker und Justizbeamter zum organisierten Verbrechen wirft die Opposition Justizminister Geert Mackenroth (CDU) mangelnden Aufklärungswillen vor. Die Kritik von Linkspartei.PDS, FDP und Grüne entzündete sich an Mackenroths Ankündigung vom Donnerstag, der Staatsanwaltschaft Dresden für die Ermittlungen den Präsidenten des baden-württembergischen Landgerichts Waldshut-Tiengen, Wolfgang Eißer, als externen Beobachter zur Seite zu stellen. Mackenroth zufolge untersteht der 57-Jährige «keinerlei Weisung - auch nicht von mir».

Eißer sei ein renommierter Fachmann. Ihn habe der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) auf seine Bitte um personelle Unterstützung für Sachsen abgestellt. Der Richter solle sowohl den disziplinar- als auch den strafrechtlichen Prozess der Aufarbeitung «beobachten und begleiten» und dabei als «waches Auge» fungieren.

Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Klaus Bartl, nannte Eißer «Mackenroths Alibi-Aufklärer». Der «hilfsbereite Richter» sei weder dem sächsischen Landtag noch der Regierung noch der Justiz gegenüber verantwortlich und habe sich auch überregional bislang keinen besonderen Namen mit der Bekämpfung von Korruption gemacht. Grünen-Rechtsexperte Johannes Lichdi warf Mackenroth mangelnde Transparenz vor, sein FDP-Amtskollege Jürgen Martens sprach von einem «kläglich gescheiterten Versuch» des Ministers, Aufklärungswillen zu zeigen.

Eißer selbst, der laut Mackenroth entweder zu zwei Drittel oder zur Hälfte seiner Arbeitszeit nach Sachsen abgestellt werde, nannte es «manchmal nützlich», wenn jemand, der die handelnden Akteure nicht kenne, «mit draufschaut». Er wolle darauf Acht geben, dass die Vorwürfe, Sachsens Justiz könne nicht im eigenen Hause aufklären, «so nicht stehen bleiben».

Die Affäre war vor zweieinhalb Wochen durch Medienberichte über den offenbar brisanten Inhalt einer geheimen und umfangreichen Datensammlung des Verfassungsschutzes ins Rollen gebracht worden. Laut Mackenroth hat Generalbundesanwältin Monika Harms inzwischen in Kopie erste Unterlagen des Verfassungsschutzes erhalten, die zuvor an den Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm gegangen waren. Sie könne damit prüfen, ob sie den Fall an sich zieht.

Die Staatsanwaltschaft Dresden war am Freitag vergangener Woche von Schwalm mit der Angelegenheit betraut worden, nachdem dieser vom Verfassungsschutz ein erstes Dossier über bis dahin geheim gebliebene Erkenntnisse erhalten hat. Ihr Leiter Henning Drecoll wollte sich am Donnerstag indes nicht zu Details äußern, nicht einmal zur Anzahl der derzeit mit der Angelegenheit befassten Ermittler. Nach einem Pressebericht handelt es sich um fünf Staatsanwälte. Drecoll nannte es indes selbstverständlich, dass in die Ermittlungen nur «Kollegen eingebunden werden, die über jeden Zweifel erhaben sind».

Bereits am Mittwoch war bekannt geworden, dass das Ministerium inzwischen ein Disziplinarverfahren gegen einen Chemnitzer Gerichtspräsidenten eingeleitet hat. Grundlage dafür waren laut Ministerium vorliegende «Anhaltspunkte für Dienstvergehen». Im Raum stünden etwa öffentlich erhobene Vorwürfe der Verstrickung des Juristen in das Leipziger Rotlicht-Milieu.

(Weitere Quellen: Mackenroth, Eißer und Drecoll vor Journalisten in Dresden; alle anderen in Mitteilungen)
--Von Tino Moritz--=

ddp/tmo/mwa
311832 Mai 07

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