Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 16:04 Uhr, 07.06.2007

Korruptionsaffäre erreicht Bundeskanzleramt

Neben der Opposition hält auch SPD de Maizière als Geheimdienstkoordinator für ungeeignet
 
Dresden (ddp-lsc). Die sächsische Korruptionsaffäre erreicht das Bundeskanzleramt. Mit der SPD verlangte am Donnerstag der Juniorpartner der CDU in der sächsischen Staatsregierung, dass der heutige Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) nicht mehr Geheimdienstkoordinator sein dürfe. Auch die Grünen sprachen sich dafür aus, dass der frühere Landesinnenminister diese Aufgabe vorerst ruhen lassen sollte, bis er die Vorwürfe des Rechtsbruchs überzeugend zurückweise könne. Die Linkspartei.PDS forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, «zu prüfen, ob dieser Mann als Chef des Kanzleramtes noch zu halten ist». Vertreter der CDU und de Maizière selbst wiesen die Vorwürfe zurück.

Die Korruptionsaffäre war vor knapp vier Wochen durch Berichte über eine geheime Datensammlung des Verfassungsschutzes ins Rollen gekommen. Die Vorwürfe sollen von Amtsmissbrauch bis Kinderprostitution und Bandenkriminalität reichen. De Maizière hatte nach eigenen Angaben als sächsischer Innenminister von Herbst 2004 bis Herbst 2005 von den Aktivitäten des Verfassungsschutzes gewusst, über diese aber nicht die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtags informiert. Dies hatte erst sein Nachfolger Albrecht Buttolo (CDU) im Herbst 2006 getan, nachdem der Landesdatenschützer die Datensammlung als illegal beanstandet hatte.

Laut SPD-Fraktionsvize und PKK-Mitglied Stefan Brangs besteht der «dringende Verdacht», dass de Maizière als Innenminister «offenen Rechtsbruch im Umgang mit Verfassungsschutzerkenntnissen begangen» habe. Es trete immer mehr zutage, dass er es unterlassen habe, die PKK über rechtsstaatlich bedeutsame Vorgänge organisierter Kriminalität in Sachsen zu unterrichten, obgleich er dazu verpflichtet gewesen sei. Merkel müsse deshalb Konsequenzen ziehen und ihm «umgehend die Koordinierungsaufgabe für die Geheimdienste entziehen».

De Maizière verwahrte sich indes gegen den Vorwurf des Rechtsbruchs. Nach Angaben seiner Sprecherin hatte er als Innenminister in Sachsen entschieden, möglicherweise staatsgefährdende Fälle weiter durch den Verfassungsschutz des Freistaats beobachten zu lassen. «Die Erkenntnisdichte war aber seinerzeit nicht so hoch, dass die Parlamentarische Kontrollkommission hätte informiert werden müssen», fügte die Sprecherin hinzu.

Zuvor hatte bereits der PKK-Chef und CDU-Abgeordnete Gottfried Teubner den Vorwurf des Rechtsbruchs erhoben. Der CDU-Fraktionschef Fritz Hähle wies diese Kritik an de Maizière indes scharf zurück: «Es trägt nicht unbedingt zur Aufklärung bei, wenn dem früheren Innenminister grundlos einfach 'Rechtsbruch' vorgeworfen wird.»

Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Landtag, Andrè Hahn, sprach hingegen von einem «vorsätzlichen Gesetzesbruch» de Maizières. Das PKK-Mitglied forderte die Staatsanwaltschaft Dresden auf, «unverzüglich förmliche Ermittlungen aufzunehmen».

Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) kündigte derweil am selben Tag im Dresdner Landtag umfassende Aufklärung in der Affäre an. Die zuständigen Ministerien täten alles, «um Straftaten zu verfolgen und disziplinarische Verfehlungen zu ahnden».

(Quellen: Milbradt im Landtag; Sprecherin von de Maizière in der «Sächsischen Zeitung» (Freitagausgabe); Teubner in der «Leipziger Volkszeitung» und der «Freien Presse» (Donnerstagausgaben); alle anderen in Mitteilungen)
Von Tino Moritz und Alessandro Peduto

ddp/tmo/mwa
071604 Jun 07

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