Agenturen ddp-lsc, 17:35 Uhr, 11.06.2007
Da kommt nichts raus» - Nolle wirft Sachsens Regierung mangelnden Aufklärungswillen vor
Anwalt soll Prostituierte vermittelt haben
Dresden (ddp-lsc). In der sächsischen Korruptionsaffäre sorgt ein Treffen der Justizstaatssekretärin mit Vertretern von Richterschaft und Staatsanwaltschaft für Wirbel. Bei diesem Treffen am 31. Mai soll die Staatssekretärin Gabriele Hauser angeblich erklärt haben, dass die Ermittlungen in der Affäre zu nichts führen würden. Zudem werden jetzt auch frühere Affären, die in Zusammenhang stehen mit dubiosen Geldzahlungen und hochrangigen Beamten, wieder in den Fokus gerückt.
Das Ministerium dementierte die angebliche Aussage Hausers. «Wir gehen ergebnisoffen an die Sache heran», sagte Ministeriumssprecher Martin Marx. Der frühere sächsische Innenminister und heutige Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) wies derweil die am Wochenende laut gewordenen Rücktrittsforderungen zurück. Er habe sich in der Affäre nichts vorzuwerfen.
In der Affäre geht es um eine Datensammlung des sächsischen Verfassungsschutzes, in der auf Tausenden Seiten angeblich brisantes Material über Verbindungen von Justiz- und Polizeibeamten sowie Politikern zum organisierten Verbrechen gesammelt worden sein soll.
Der SPD-Landtagsabgeordnete
Karl Nolle wirft der Staatsregierung mangelnden Aufklärungswillen vor. Wenn Staatssekretärin Hauser erklärt habe: «Aus der Affäre kommt sowieso nichts raus», dann bezeuge dies, dass das Ermittlungsergebnis innerhalb des Ministeriums offenbar schon feststehe. Auch wenn das Ministerium dementiere, gebe es keinen Zweifel, dass der Satz so gefallen sei, mutmaßte Nolle und verwies auf glaubwürdige und sichere Quellen.
Buchautor Jürgen Roth, der die Affäre Mitte Mai mit ins Rollen gebracht hatte, fügte hinzu, das ganze Ausmaß der Korruption in Sachsen sei noch gar nicht bekannt. Die Affäre reiche bis in die Dresdner Staatskanzlei hinein.
Das MDR-Magazin «Fakt» berichtet unterdessen unter Berufung auf die geheimen Akten, dass ein ehemaliger Leipziger Staatsanwalt Personen der Rotlichtszene über Ermittlungsmaßnahmen informiert haben soll. Auch soll es in Juristenkreisen über Jahre hinweg eine regelrechte Vermittlung von Prostituierten gegeben haben. So soll ein Leipziger Anwalt Prostituierte seit Jahren an hohe Justizbeamte und andere Personen des öffentlichen Lebens» vermittelt haben.
Unterdessen wies Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) Behauptungen Nolles vom Wochenende zurück, wonach er bereits am 10. November 2006 in der CDU-Kreisgeschäftsstelle in Kamenz von einem sächsischen Staatsanwalt über Korruption in der Justiz und über die Aktensammlung des Verfassungsschutzes informiert worden sein soll. Anders als von Nolle behauptet sei es in dem Gespräch «um ein angebliches Fehlverhalten eines Bediensteten im Zusammenhang mit einem Verkehrsdelikt» gegangen, teilte Milbradts Sprecherin mit.
Der Regierungschef hatte am Wochenende gesagt, er wisse erst seit einigen Monaten, dass der Verfassungsschutz Informationen über brisante Fälle organisierter Kriminalität in Sachsen gesammelt habe.
(Weitere Quellen: Milbradt in einer Mitteilung; Marx und Nolle auf ddp-Anfrage; Roth in der «Sächsischen Zeitung» aus Dresden; De Maizière im "ARD-Morgenmagazin)
Von Matthias Hasberg und Alessandro Peduto
ddp/ape/kos
111735 Jun 07