Karl Nolle, MdL

"Im Freistaat hat sich in 15 Jahren ein System absoluter und korrumpierter Macht entwickelt, wo man sich deckt, duckt, verschleiert und wo getäuscht wird. “

 
Moderatorin: „Es geht in den letzten Wochen um die Korruptionsaffäre Sächsischer Sumpf. Alles was bisher daraus aufsteigt, sind allerdings Gerüchte. Einer der letzten Informationen aus Dresden war ja das der Ministerpräsident Milbradt schon im November vergangenen Jahres über die Korruptionsaffäre informiert werden worden sein soll. Am Telefon ist Karl Nolle SPD-Abgeordneter in Sachsen.“

MDR-Info: „Herr Nolle überrascht sie diese Nachricht?“

Karl Nolle: „Nein sie überrascht mich nicht, Frau Hennecke. Der Ministerpräsident dieses Landes ist am 10.11. in der CDU-Kreis-Geschäftsstelle in Kamenz von einem Staatsanwalt über gravierende Korruptionsvorfälle in der Justiz informiert worden und offensichtlich ist seitdem nichts passiert, sonst hätte sich dieser Staatsanwalt nicht irgendwann Dritten anvertraut und darüber berichtet. “

MDR-Info: „Und überrascht sie das, dass da nichts passiert ist“

Karl Nolle: „Das überrascht mich eigentlich nicht, die Methode des Aussitzens, des Nichtstuns, Nichtshandeln und Nichtsentscheidens ist leider eine negative Eigenart unseres Ministerpräsidenten. “

MDR-Info: „Damit unterstellen sie ihm praktisch den politischen Unwillen der Aufklärung zu betreiben“

Karl Nolle: „Welches der Grund dafür ist, kann ich Ihnen nicht sagen, ob es Unwillen ist oder nicht, vielleicht ist es auch mangelnde Fähigkeit dies zu tun aber auf jeden Fall ist doch die Frage, warum man bei solchen ernsten Signalen mit der Sache nicht in der Art und Weise umgeht, wie es sein soll“

MDR-Info: „Dann kommt jetzt ihre Partei ins Spiel. Herr Nolle. Die SPD ist ja seit einigen Jahren mit in der Regierungsverantwortung. Ist ihr nichts zu Ohren gekommen von diesen ganzen Vorfällen? “

Karl Nolle: „Ihr kann nur dann etwas zu Ohren kommen, wenn sie informiert wird und wenn der Ministerpräsident selber informiert ist und seine Minister informiert sind. Dann kann ich mir dass nur so vorstellen, dass das im Kabinett Thema sein muss und dass, mindestens unter vier Augen, der Ministerpräsident den stellvertretenden Ministerpräsident darüber informiert, was er stellvertretend vertreten soll. Das ist aber nach meiner Kenntnis nicht erfolgt. Er behält seine Geheimnisse offensichtlich lieber für sich.“

MDR-Info: „Das muss die Sozialdemokraten sehr düpieren als Mitregierende. “

Karl Nolle: „Das uns der Ministerpräsident nicht immer ernst nimmt, haben wir ja schon verschiedentlich erfahren. “

MDR-Info: „Fordern Sie jetzt Konsequenzen oder sagen sie, das nehmen wir weiter so hin und gucken mal was rauskommt? “

Karl Nolle: „Eine Koalition ist keine Liebesheirat. Wir müssen unseren Job tun. Wir müssen dieses Land vernünftig verwalten. Wenn allerdings kriminelle Methoden einreißen und wenn der Rechtsstaat in Gefahr ist, dann müssen wir Alarm schlagen.“

MDR-Info: „Und wie machen Sie das? “

Karl Nolle: „Wir können aktiv in einem Untersuchungsausschuss mitarbeiten, der sicherlich dazu eingesetzt wird. Denn dafür ist der Untersuchungsausschuss da, um Handlungen, Fehlhandlungen oder Nichthandlungen von verantwortlichen Politikern im Zusammenhang mit diesen Affären zu untersuchen. “

MDR-Info: „Das Pikante ist aber, Herr Nolle, dieser Untersuchungsausschuß ist auf Initiative der Linkspartei angestoßen worden, nicht unbedingt auf Initiativer ihrer Partei.“

Karl Nolle: „Es ist für mich nicht die Frage, bei wem die Initiative jetzt liegt. Im Endeffekt gibt es den Beschluss darüber noch nicht und wenn der Beschluss dazu im Juli zustande kommt, wird er auch sicherlich deshalb zustande kommen, weil sich die Sozialdemokraten bei der Frage enthalten und sich damit koalitionstreu verhalten und gleichzeitig aber diesen Untersuchungsausschuss auf den Weg bringen. Leider hat sich in unserem Freistaat, der sozusagen 15 Jahre lang von einer einzigen Partei regiert wird, ein System absoluter und korrumpierter Macht entwickelt, wo man sich deckt, duckt, verschleiert und wo getäuscht wird. “

MDR-Info: „Herr Nolle, wenn Sie dieses System so genau kennen. Wenn Sie die Strukturen kennen hätten Sie da persönlich früher auf den Tisch schlagen müssen und sagen müssen, hier kann da was auch nicht in Ordnung sein, wenn das generell die Strukturen sind. Prüfen wir doch mal nach. “

Karl Nolle: „Wir haben auf den Tisch gehauen. Wir haben dies gerade anlässlich der skandalösen Vorgänge um des Paunsdorf-Centrums getan.“

MDR-Info: „Sagen sie noch mal ganz kurz“

Karl Nolle: „Da gab es einen Freund des Ministerpräsidenten, der dem Ministerpräsident Biedenkopf damals ein Behördenzentrum gebaut und für 25 Jahre vermietet hat. Der Rechnungshof des Freistaates stellte bei diesem Mietvertrag einen entstandenen Schaden von über 30 Millionen fest.“

MDR-Info: „Weil die Mieten zu hoch waren?“

Karl Nolle: „Weil die Mieten zu hoch waren, weil die Mieten falsch berechnet waren, weil sie für Toiletten und Gänge und Treppen den gleichen Preis zahlen mussten, wie für Büroräume usw. usw. Dieser Schaden von über 30 Millionen D-Mark steht fest und die Staatsanwaltschaft hat die Strafanzeigen, die gestellt worden sind – und ich habe gegen Biedenkopf und Milbradt damals ja eine Strafanzeige gestellt – wegen angeblicher Verjährung niedergeschlagen. Wir wissen aber heute und dass wusste ich damals auch schon, dass hier offensichtlich Strafvereitlung im Spiel war. Dass die Staatsanwaltschaft dieses Landes jedenfalls in Teilen, man kann das um Gottes Willen nicht zu allen sagen, nicht über alle Juristen sagen. Aber einige haben sich hier an Strafvereitelung aktiv beteiligt. Wir werden Wege finden, um zu einer Neuaufnahme dieser ganzen Geschichte zu kommen.“

MDR-Info: „Das heißt, sie würden neu Anzeige erstatten? “

Karl Nolle: „Ja, dass wird wohl so sein.“

MDR-Info: „sagt der sächsische SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle.“