Agenturen, ddp-lsc, 19:36 Uhr, 25.06.2007
Affäre belastet Koalition in Sachsen - Milbradt stellt sich hinter Buttolo
SPD-Präsidium kommt zu Sondersitzung zusammen
Dresden/Berlin (ddp-lsc). Im Zuge der Korruptionsaffäre leidet in Sachsen nun auch zunehmend der Koalitionsfrieden zwischen CDU und SPD. Am Dienstag will sich das sächsische SPD-Präsidium in Dresden zu einer Sondersitzung treffen und über das weitere Vorgehen beraten. Die Sozialdemokraten kritisieren in der Affäre vor allem die Informationspolitik des Koalitionspartners CDU.
Unterdessen stellte sich Ministerpräsident Georg Milbradt demonstrativ vor seinen immer mehr in der Schusslinie stehenden Innenminister Albrecht Buttolo (beide CDU). «Buttolo genießt mein volles Vertrauen», sagte der Regierungschef. Der Minister muss sich mittlerweile aber auch, ebenso wie sein Justiz-Kollege Geert Mackenroth, einer Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt erwehren.
Milbradt erklärte während seiner am Wochenende begonnenen Reise nach China, Innenminister Buttolo habe alles getan, um eine strafrechtliche Verwertung der Akten zu ermöglichen. «Hätte er es sich einfach machen wollen, so hätte er nur dem Rat des Datenschutzbeauftragten folgen und die Unterlagen schreddern müssen», sagte der Regierungschef. Forderungen der Opposition nach einem Rücktritt Buttolos nannte Milbradt «heuchlerisch».
Scharfe Töne schlug CDU-Fraktionschef Fritz Hähle an: Die Linke als «ehemalige SED» sei als Aufklärer völlig unglaubwürdig. Statt den Verfassungsschutz kaputt zu machen, brauche der Freistaat «ein wehrhaftes Instrument gegen extremistische Bestrebungen der NPD und von Teilen der PDS», sagte Hähle.
Der designierte SPD-Generalsekretär Dirk Panter forderte die CDU auf, ihre Informationspolitik in der Korruptionsaffäre grundlegend zu ändern. Über Möglichkeiten und Varianten werde das SPD-Präsidium am Dienstag beraten. An der Sitzung werden neben Landeschef Thomas Jurk und der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung teilnehmen, sagte eine Parteisprecherin.
Entgegen ersten Informationen wird Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) allerdings nicht zu dem Treffen kommen. Der Minister werde in Brüssel EU-Termine wahrnehmen, teilte ein Ministeriumssprecher am Abend in Berlin mit.
Die Staatsanwaltschaft Dresden bestätigte am Montag den Eingang von zwei Strafanzeigen gegen Buttolo und Mackenroth. Ein Dresdner Anwalt werfe den beiden unter anderem Strafvereitelung im Amt vor, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
In der Korruptionsaffäre geht es um geheime Akten des Verfassungsschutzes. Darin sind angeblich Verbindungen zwischen Justiz- und Polizeimitarbeitern zum organisierten Verbrechen in Sachsen dokumentiert. Den Verantwortlichen wird vorgeworfen, den in den Akten getroffenen Beschuldigungen nicht strafrechtlich nachgegangen zu sein.
(Quellen: Milbradt in «Freie Presse»; Hähle in Mitteilung; SPD in Mitteilung und auf ddp-Anfrage; Staatsanwaltschaft auf ddp-Anfrage)
Von Matthias Hasberg
ddp/lmh/spa
251936 Jun 07