Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 29.06.2007

Rücktrittsforderungen werden lauter

Opposition erhöht Druck auf Buttolo / Untersuchungsausschuss beantragt
 
Dresden. Nach dem neuen Fall von Aktenvernichtung des Verfassungsschutzes in der Korruptionsaffäre ist der Aufschrei groß: Die Opposition erhöhte gestern erneut den Druck auf den verantwortlichen Innenminister Albrecht Buttolo (CDU). Die SPD spielt weiter mit ihrer Androhung eines Koalitionsbruchs – wartet aber einen Bericht über die neuen Vorfälle ab.

Wie diese Zeitung berichtet hatte, waren nicht nur im Frühjahr 45 Akten von Justiz und Verfassungsschutz vernichtet worden, sondern bereits voriges Jahr ging internes Material durch den Schredder. Die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) bestätigte später die Vernichtung von „Zweitkopien von Strafakten“ und verlangt dienst- und strafrechtliche Schritte. Die Vorgänge im Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) müssten von dessen neuem Präsidenten Reinhard Boos „schonungslos und zügig“ aufgeklärt werden.

Das PKK-Mitglied der Linken, André Hahn, geht nun noch weiter. „Es ist ein absoluter Skandal“, so Hahn, „dass die PKK von den entscheidenden Fakten immer zuletzt etwas hört“. Buttolo agiere mehr als „Vertuschungs-Minister“ denn als Aufklärer. Heute will die Linke im Landtag einen Antrag auf Missbilligung Buttolos wegen der Aktenvernichtung und den Verzögerungen bei der Aktenübergabe an die Staatsanwaltschaft stellen. Justizminister Geert Mackenroth (CDU) wird zudem vorgeworfen, dass er keine unabhängige Ermittlungsführung garantiere. Die Linke fordert beide Minister zum Rücktritt auf.

Für die Grünen ist Buttolo nun ebenfalls nicht mehr zu halten. Innenpolitiker Johannes Lichdi erhob den Vorwurf, er sei auf seine Fragen im Parlament zu den Akten offenkundig belogen worden. „Dabei ist es unerheblich“, so Lichdi, „ob mich der Minister bewusst in die Irre geführt hat oder erst jetzt informiert wurde. Letzteres würde immerhin bedeuten, dass er seinen Laden nicht im Griff hat.“ Der Minister, so Lichdi, sei an Naivität nicht zu überbieten. Die FDP nennt Buttolo „völlig überfordert“.

Linke, Grüne und FDP beantragten gestern zudem die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der am Mittwoch beschlossen werden soll. In einem 14-seitigen Fragenkatalog wirft die Opposition der Regierung „schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke“ vor. Buttolo räumte ebenfalls „Missstände“ im Nachrichtendienst ein und erklärte, er wolle „jetzt endgültig wissen, was alles im LfV passiert ist“. Einen Rücktritt schließt er aber noch aus: „Ich stehle mich nicht aus der Verantwortung.“

Der kleine Koalitionspartner SPD, der seit Tagen mit Koalitionsbruch droht, wartet nun auf Antwort. „Der Innenminister hat zugesichert, mir umgehend die Ergebnisse des Prüfberichtes des Präsidenten zuzuleiten“, sagte Parteichef Thomas Jurk. Die SPD-Spitze stehe dabei aber zu ihrer Äußerung, dass im Falle weiterer Pannen die Koalition ernsthaft in Gefahr sei. Wenn Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) nächste Woche aus China zurück ist, müsse der Koalitionsausschuss tagen, so Wirtschaftsminister Jurk.

Parteiintern ist allerdings umstritten, ob ein Koalitionsbruch nicht auch der SPD schade. In der Präsidiumssitzung seien „alle denkbaren Varianten diskutiert“ worden, heißt es. Landrätin Petra Köpping und andere sollen sogar für einen sofortigen Bruch geworben haben. Auf Anfrage steht Partei-Vize Köpping aber hinter Jurk: „Es ist gut, dass er seiner Verantwortung für die Glaubwürdigkeit von Politik, Justiz und Wirtschaft nachkommt.“
Von Sveb Heitkamp und Jürgen Kochinke

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