Karl Nolle, MdL

Welt-online, 12:21 Uhr, 30.06.2007

SPD: Wowereit sieht "kein Tabu links von der Mitte"

 
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat seine Partei im Hinblick auf eine Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke vor einer zu dogmatischen Haltung gewarnt. Ausgerechnet die Sprecherin der SPD-Linken sieht das ganz anders.

Eine Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke darf nach Ansicht der Berliner SPD auch im Westen und bundesweit für die Sozialdemokraten kein Tabu sein. „Wenn die CDU heute eines ihrer eigenen Tabus bricht und laut über Koalitionen mit den Grünen nachdenkt, sollte die SPD kein Tabu links von der Mitte aufbauen“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dem „Spiegel“. Dagegen bekräftigte die SPD-Linke Andrea Nahles die Absage der SPD-Parteiführung an eine Koalition mit der Linken. „Ich sehe keine Möglichkeit, mit Lafontaine politisch zusammenzuarbeiten", sagte sie der „Bild am Sonntag".

Wowereit sagte zur Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke von Oskar Lafontaine: „Man muss über mögliche Bündnisse – ob im Osten oder im Westen – Entscheidungen anhand der Programmatik und der Personen treffen.“ Eine Koalition auf Bundesebene sei zwar derzeit nicht machbar, mit Blick auf 2013 aber auch nicht auszuschließen. Zum Nein von SPD-Chef Kurt Beck zu einer Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke sagte Wowereit: „Beck gibt das wieder, was vor allem im Westen noch Meinung ist.“

Dem Berliner SPD-Landesverband lag am Samstag ein Antrag vor, in dem eine Öffnung der Sozialdemokratie gegenüber der Partei Die Linke gefordert wurde, wie der „Tagesspiegel“ berichtete. Der Antrag wurde von der Berliner SPD-Linken ausgearbeitet und enthielt dem Bericht zufolge ursprünglich auch die Aussage, Bündnisse mit der Union und der FDP böten keine Perspektiven. Die Autoren hätten sich jedoch vor dem Landesparteitag am Samstag bereit erklärt, diesen Passus zu streichen, berichtete der „Tagesspiegel“.

Nahles sagte: „Eine linke Mehrheit ist zwar rein rechnerisch möglich. Faktisch geht sie absehbar nicht.“ Linken-Chef Lafontaine sei „im tiefen Sinne antidemokratisch“. Nahles legte ihrer Partei ein Dreierbündnis mit Liberalen und Grünen nahe. „Ich kann mir eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen vorstellen“, sagte die SPD-Politikerin dem Blatt.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück forderte die SPD-Mitglieder zu mehr Selbstbewusstsein und einer stärkeren Unterstützung des Parteivorsitzenden Kurt Beck auf. Auf dem Landesparteitag der Berliner SPD erteilte Steinbrück, der auch Vizevorsitzender ist, einem Bündnis mit der Linken eine klare Absage. „Die Linke ist nicht koalitionsfähig mit der SPD auf Bundesebene“, betonte er. „Natürlich wollen wir 2009 den Kanzler stellen“, erklärte Steinbrück. „Dazu müssen wir deutlich stärker werden als bisher, und wir müssen auch deutlich selbstbewusster sein.“ Die SPD befinde sich derzeit in einer „paradoxen, oder man kann auch sagen, beklemmenden Situation“. Für viele jetzt positiven Entwicklungen sei der Grundstein bereits in der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder gelegt worden. Diese Errungenschaften, wie beispielsweise in der Kinder- und Familienpolitik, müssten offensiver herausgestellt werden.

„Und wir werden den Parteivorsitzenden auch durch unsere Einlassungen sehr viel stärker unterstützen müssen, als wir das in den letzten Wochen und Monaten getan haben“, sagte Steinbrück mit Blick auf Kurt Beck, dessen Führungsstil in der Partei durchaus umstritten ist. Steinbrück ermahnte die Partei in diesem Zusammenhang zu mehr Disziplin. Die Weitergabe vertraulicher Informationen an die Öffentlichkeit, diese „politische Inkontinenz“, mache die SPD strategieunfähig und schade der Partei.

Beim Umgang mit der Linken setze er auf eine „harte, klare Auseinandersetzung“, sagte Steinbrück. Es sei falsch, den Linke-Vorsitzenden und ehemaligen SPD-Mann Oskar Lafontaine zu „dämonisieren“. Falsch sei es auch, „denen hinterherzulaufen“.

Der Berliner SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Michael Müller erklärte, wie die Linke derzeit auf Bundesebene aufgestellt sei, komme sie als Bündnispartner nicht Frage. „Die Linkspartei ist und bleibt wie alle anderen eine konkurrierende Partei“, sagte Müller. Er betonte jedoch auch: „Warum sollen wir die eigentlich für alle Zeiten tabuisieren?“ Es bleibe erst einmal abzuwarten, wie sich die Linke entwickele.
dpa/AFP/AP/OM

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